Mein neues Leben als Lektorin

Justament-Autorin Katharina Stosno interviewt sich selbst über ihren Berufseinstieg

Katharina Stosno (Foto: privat)

Katharina Stosno (Foto: privat)

Wie bin ich darauf gekommen, nach dem Jurastudium Lektorin zu werden?
Zunächst einmal muss ich sagen, dass ich nie Jura studiert habe, um in einem klassischen juristischen Beruf zu arbeiten. Ich habe vor meinem Jurastudium viele andere Dinge ausprobiert, und manchmal braucht man etwas länger, um den richtigen Weg zu finden. SEINEN richtigen Weg. Deshalb sollte man auch bei der Berufswahl in erster Linie auf SICH SELBST und nicht auf andere hören. Doch ich schweife gerade ab (eine meiner leichtesten Übungen, hehe…) Also wie bin ich auf meinen Beruf gekommen? Ich habe schon immer gerne gelesen und geschrieben und zwar nicht nur Gesetzestexte oder Hausarbeiten.Während des Studiums habe ich in einem kleinen, juristischen Fachverlag als studentische Aushilfe gearbeitet und festgestellt, dass dort nette Menschen arbeiten und die Arbeit abwechslungsreich und interessant ist. Auch wenn man als Student noch nicht mit besonders anspruchsvollen Aufgaben oder gar eigenen Projekten betraut wird, erhält man doch einen sehr guten Einblick in die Verlagswelt und die unterschiedlichen Aufgaben und Arbeitsweisen der einzelnen Abteilungen. Dann fing ich an, für eine kleine Zeitschrift dieses Verlags als freie Mitarbeiterin Artikel zu schreiben. Als ich eine Ausschreibung meines heutigen Verlags auf börsenblatt.de sah, habe ich mich um eine Lektorenstelle beworben und wurde…nicht genommen. Allerdings bekam ich das Angebot, ein einjähriges Volontariat zu absolvieren. Nach einem langen Freudenschrei habe ich das dann auch gemacht. Und wie Kismet es wollte, wurde nach meinem Volontariat eine Stelle frei und dann durch mich wieder besetzt.

Was für Fähigkeiten braucht man als Lektorin? Hat man noch viel mit Paragrafen zu tun?
Meiner Ansicht nach (was für ein schöner, typisch juristischer Satzbeginn!) braucht man ein gutes Sprachgefühl, einen scharfen Blick, Kommunikationsfreude, Einfühlungsvermögen (gerade was den Umgang mit Autoren betrifft) und eine große Portion Gelassenheit. Was die Paragrafen betrifft, wenn man ein Buch lektoriert, achtet man ja nicht nur auf die sprachlichen Feinheiten, sondern braucht auch das juristische Hintergrundwissen, um mögliche Lücken oder Fehler im Inhalt zu finden. Das heißt nicht, dass man jedes Buch inhaltlich prüft. Man vertraut natürlich auf das fachliche Können der Autoren, aber eine letzte Kontrolle ist immer gut.

Wie sieht ein typischer Arbeitstag aus?
Einen immer gleichen Tagesablauf gibt es nicht, und das empfinde ich als großes Plus. Natürlich checkt man morgens als erstes Mails und beantwortet dringende Fragen. Ansonsten arbeitet man an vielen Projekten gleichzeitig, die sich in unterschiedlichen Entwicklungsphasen befinden: Ich redigiere Beiträge für eine Zeitschrift und überlege mir die Heftzusammenstellung; ich erstelle Kalkulationen und bereite die Unterlagen von Projekten vor; ich überlege mir den täglichen Post für die Facebook-Seite; ich telefoniere mit Autoren, wann das Manuskript eingehen wird; ich arbeite an dem Manuskript, was gerade eingetroffen ist; ich gebe das Manuskript in Herstellung und halte ständig Rücksprache mit meinen lieben Kolleginnen dort; wenn ein Buch erschienen ist, schreibe ich den Jubelbrief an die Autoren, lasse die Freuexemplare versenden (eigentlich Freiexemplare, aber „FREUexemplare ist mein absoluter Lieblingstippfehler! Fast so schön ist Frustende zur Manuskriptabgabe statt Fristende….); berechne Autorenhonorare; wirke bei Vertragsverhandlungen mit; reise zu Verlagstreffen und veranstalte Autoren- und Herausgebertagungen; mache Mittagspause und Feierabend.

Verdient man nicht im Anwaltsjob viel besser?
Kommt wohl auf die Kanzlei und den Verlag an. In erster Linie sollte man bei der Berufswahl nicht unbedingt auf den Verdienst schauen, sondern sich von seinen Fähigkeiten und Interessen leiten lassen. Wenn man dann auch noch anständig verdient, umso besser.

Brauche ich als Lektorin das zweite Staatsexamen?
Man braucht so vieles im Leben und in erster Linie wohl Mut, Ausdauer, Leidenschaft und ein Quantum Glück. Aber das zweite Staatsexamen ist nicht immer zwingend, um einen schönen Beruf zu bekommen. Wer sein erstes Examen in der Tasche hat und sich zum zweiten Examen eigentlich nur zwingen würde „weil es alle so machen“, der sollte sich überlegen, ob er durch Praktika oder Nebentätigkeiten nicht bereits Kontakte besitzt, die ihm einen Einstieg in die Wirtschaft ermöglichen könnten.

Was mag ich besonders an diesem Beruf?
Ich liebe es, wenn eine Produktion absolut rund läuft, ich einen Telefonanruf bekomme und Autor und Lektor sich gegenseitig für eine gute Zusammenarbeit danken und als Beweis dafür das Buch oder die Zeitschrift in die Luft halten können.

Wie sehe ich die Zukunft in der Buchbranche?
Auch wenn das Buch in seiner ursprünglichen Form, nämlich schwarz auf weiß auf Papier gedruckt, an Bedeutung und Verkaufszahlen verliert, so ist der Bedarf an wissenschaftlichen Veröffentlichungen nach wie vor ungebrochen. Die Verlage müssen sich auf die neuen digitalen Möglichkeiten natürlich einstellen und sich den Bedürfnissen des modernen Lesers anpassen. Dennoch wird es immer Menschen geben, welche die Inhalte gestalten, die Formalien prüfen und dementsprechend eine gewisse Qualität garantieren – unabhängig von der Art des Mediums. Die Branche ist zwar beschaulich, doch wer mit Fachkenntnissen und Engagement bei der Sache ist, der wird seinen Weg gehen können.

Ich danke mir selbst für dieses Interview ;).

Dieser Beitrag erscheint mit freundlicher Genehmigung von Juraculix – Zauber der Paragraphen.

Veröffentlicht von on Feb 25th, 2013 und gespeichert unter DRUM HERUM, SONSTIGES, UND DANACH. Sie können die Kommentare zu diesem Beitrag via RSS verfolgen RSS 2.0. Sie können eine Antwort durch das Ausfüllen des Kommentarformulars hinterlassen oder von Ihrer Seite einen Trackback senden

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