Der Schutzschild der Arbeitnehmerschaft

Der Handkommentar zum Kündigungsschutzrecht aus dem Nomos-Verlag in 4. Auflage

Jens Jenau

fiebig-kschrUm es vorwegzunehmen, den Handkommentar „Kündigungsschutzrecht“ sollte man sich als Arbeitsrechtler wirklich gönnen. In nunmehr 4. Auflage ist der Handkommentar unter der Herausgeberschaft von RiArbG Stefan Fiebig, RiBAG Inken Gallner, RiBAG Wilhelm Mestwerdt und RA Prof. Dr. Stefan Nägele erhältlich. Schnell hat sich dieses Werk in der Praxis wie in der Wissenschaft durchgesetzt und genießt in der Anwalt- und Richterschaft große Wertschätzung.

Erneut stellt sich das 12-köpfige Autorenteam aus erfahrenen Anwälten und Richtern der Herausforderung, das dynamische und stark durch Rechtsprechung geprägte Kündigungsschutzrecht für die Praxis umfassend zu kommentieren. Dazu brachten die Autoren das Werk auf den neuesten Stand der EuGH- und BAG-Rechtsprechung. Aufgrund der erneuten Stoffzunahme sind weitere Experten in das Autorenteam aufgenommen worden.

Die Autoren legen Wert darauf, der Leserschaft einen Handkommentar mit umfassender Betrachtung des Kündigungsschutzrechts zu bieten. Insofern verwundert es nicht, dass sämtliche kündigungsrelevanten Vorschriften außerhalb des KSchG – im Einzelnen die maßgeblichen Normen aus dem AGG, dem ArbPlSchG, dem BEEG, dem BGB, dem BetrVG, dem BPersVG, dem MuSchuG, dem PflegeZG, dem SGB IX und dem TzBfG – bearbeitet sind.

Der Kommentar ist übersichtlich gestaltet. Die Ausführungen sind mit Randnummern versehen. Die Fließtexte sind mit fett gedruckten Stichworten durchsetzt, was die zielgerichtete Suche erleichtert. Zugunsten einer besseren Lesbarkeit verzichtete man darauf, die Rechtsprechungshinweise in die Texte einzuarbeiten. Stattdessen sind die vielfältigen  Rechtsprechungszitate und aktuellen Literaturhinweise im detailreichen Fußnotenapparat verortet.

Schnell bemerkt der Leser die einheitliche Struktur der Bearbeitungen. Jeder Kommentierung sind der Normtext und eine ausführliche Gliederung vorangestellt, die schon für sich das Auffinden des zu lösenden Problems vereinfachen. Zu Beginn der jeweiligen Kommentierungen trifft der Nutzer auf allgemeine Ausführungen zu Grundlagen, zur Zielsetzung und zum Gesetzeszweck, bevor Geltungsbereiche, Begrifflichkeiten sowie Tatbestandmerkmale kommentiert sind. Dabei sind Fragen der Prozesstaktik, der Darlegungs- und Beweislast wie der abgestuften Vortragslast, insbesondere bei Prognoseentscheidungen, durchgängig berücksichtigt. Der Nutzwert des Handkommentars „Kündigungsschutzrecht“ erhöht sich durch die vielfältigen praxisbezogenen Beispiele, Hinweise, Formulierungsmuster zur Antragstellung, hervorgehobene Aufzählungen, Prüfungsschemata und Gebührenhinweise.

„Fiebigs“ und „Mestwerdts“ Einleitung führt in die schwierige Materie ein, indem etwa die  Kündigungserklärung, Zugangs- oder Vertretungsproblematiken und die verschiedenen Kündigungsarten dargestellt werden – lehrreich wie lesenswert! Herausragend aufgrund ihrer Ausführlichkeit wie auch ihrer Klarheit in Stil und Sprache ist die – über den Rahmen eines Handkommentars hinausgehende – Bearbeitung des § 1 KSchG zur sozial ungerechtfertigten Kündigung von „Fiebig“, „Gallner“, „Mayer“, „Mestwerdt“, „Pfeiffer“ und „Zimmermann“. Allein dem Knackpunkt des Kündigungsschutzrechts haben die Autoren aufgrund seiner enormen Praxisrelevanz rund 500 Seiten gewidmet. Innerhalb der §§ 9, 10 KSchG sind unter anderem die Fragen zur Aufhebungs- und Abwicklungsproblematik sowie zur Abfindung erörtert. Die Bearbeitung des § 626 BGB durch „Gieseler“ zeigt die verästelte Judikatur. Die Autoren konzentrieren sich darauf, die neuesten Entwicklungen in der Rechtsprechung des EuGH und des BAG für die Praktiker aufzubereiten. Insbesondere widmen sie sich der EuGH-Rechtsprechung zu den deutschen Kündigungsfristen nach § 622 BGB („Kücükdeveci“-Entscheidung), beleuchten die Problematik der Kündigung wegen Bagatelldelikten („Emmely“-Entscheidung des BAG) oder die Problematik zur Klagefrist bei Nichteinhaltung der Kündigungsfrist. Ferner findet der Leser umfassende Erläuterungen des Sonderkündigungsschutzrechts und des Pflegezeitgesetzes, der tariflichen und arbeitsvertraglichen Altersgrenzen und Ausführungen zum besseren Kündigungsschutz der Beschäftigten der Kirchen. Aufschlussreich sind schließlich die Kommentierungen zu den sachlichen Gründen einer Befristung, zu den Voraussetzungen der sachgrundlosen Befristung und der sachgrundlosen Befristung mit älteren Arbeitnehmern nach § 14 Abs. 1 bis Abs. 3 TzBfG.

Fazit: Jeder Anwalt, der den Handkommentar „Kündigungsschutzrecht“ in den Händen hält, wird durch das Konzept, die thematische Gewichtung und die klare Sprache überzeugt werden. Den Autoren ist ein umfassender gut strukturierter Kommentar mit einer großen Zahl praktischer Antragsmuster, Formulierungen und taktischen Anmerkungen gelungen, der eine zügige Recherche ermöglicht. Von der moderaten Preiserhöhung sollte sich niemand – insbesondere nicht der Anwaltsneuling-, der sich vermehrt im Arbeitsrecht engagieren möchte, abschrecken lassen. Dieser richtig gute Handkommentar überzeugt mit seiner Praxistauglichkeit und ist der Garant für eine hohe Beratungsqualität und qualifizierte Mandatsbearbeitung.

Kündigungsschutzrecht
Handkommentar
Stefan Fiebig/Inken Gallner/Wilhelm Mestwerdt/Stefan Nägele (Hrsg.)
4. Auflage 2012, 1.920 Seiten, 118,00 €,
Nomos Verlag,
ISBN: 978-3-8329-4226-7

Veröffentlicht von on Aug 12th, 2013 und gespeichert unter BESPRECHUNGEN, LITERATUR. Sie können die Kommentare zu diesem Beitrag via RSS verfolgen RSS 2.0. Sie können eine Antwort durch das Ausfüllen des Kommentarformulars hinterlassen oder von Ihrer Seite einen Trackback senden

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