Robert Pragst schildert sein „Jahr als Strafrichter“
Katharina Stosno
Eigentlich muss ein Urteil erst gefällt werden, bevor es zur Bewährung ausgesetzt werden kann. Bei Robert Pragst laufen die Dinge anders: Zunächst war er „Auf Bewährung“ und nun folgt sein neues Buch „Verurteilt“. In diesem berichtet er, wie er sein Jahr als Strafrichter während der Proberichterzeit empfunden hat und gibt erneut Einblick hinter die Gerichtskulissen.
Nachdem Robert Pragst mit Orangensaft auf seine Richterernennung angestoßen hat, wird ihm vom Direktor des Amtsgerichts Pankow/Weißensee die Abteilung für Betreuungsrecht zugewiesen. Fortan kümmert sich Pragst um überwiegend psychisch erkrankte Menschen, die aufgrund ihres geistigen Zustands ihre Angelegenheiten nicht mehr selber regeln können, sondern einen vom Gericht angeordneten Betreuer benötigen. Pragst erlebt Schicksale und entscheidet über Schicksale mit – und obwohl er versucht, seinen Humor nicht zu verlieren, entnimmt man den Schilderungen, dass es bei dieser Richtertätigkeit wenig zu lachen gibt.
Zwischen den Geschehnissen als Proberichter werden Kapitel eingestreut, in denen es um die Machenschaften von zwei Kleinkriminellen geht, die sich auf Drogenhandel spezialisiert haben. Zunächst ist für den Leser nicht ganz ersichtlich, wie diese Geschichten mit den Erlebnissen als Betreuungsrichter zusammenhängen. Gerade jedoch als Robert Pragst sich in seiner neuen Position etwas eingelebt hat, wird er ans Kriminalgericht Moabit berufen. „Was bedeutete, jede Akte mit dem mulmigen Gefühl der Fremdheit und Unwissenheit aufzuschlagen und darin ohne Plan hilflos den richtigen Weg zu finden.“
Doch Robert Pragst wäre nicht der Meister der Gürteltiere, wenn sich ihm nicht auch dieser neue Weg erschlossen hätte. Richtig interessant wird es, als er seinen Dienst als Strafrichter antritt und in seinem ersten Fall an einem Prozess gegen einen mutmaßlichen Brandstifter teilnimmt. Ab hier hält das Buch, was der Titel verspricht: Der Leser erhält Einblicke in die Tätigkeit eines Strafrichters und erfährt mehr über die Arbeit an Fällen, in denen es um Täter, Opfer und Beweise geht.
Der Kreis schließt sich, als sich Pragst mit eben jenen Drogendealern im Gerichtssaal konfrontiert sieht, von denen man während der vorherigen Handlung bereits einiges erfahren durfte. Obwohl der Nachfolger von „Auf Bewährung“ nicht ganz so locker, leicht und luftig daher kommt, ist er absolut empfehlenswert – auch für diejenigen, die keine Karriere als Richter ansteuern. Denn bei Gericht scheint es wie beim Gericht zu sein: Vielleicht kommt ja der ein oder andere beim Essen auf den Geschmack.
Robert Pragst
Verurteilt: Mein Jahr als Strafrichter
Deutscher Taschenbuch Verlag 2013
220 Seiten, 14,90 EUR
ISBN-10: 342324982X