Der kleine Dicke von einst

Kommentarbesprechung: Der „Lackner/Kühl“ in 28. und der „Kopp/Schenke“ in 20. Auflage

Thomas Claer

cover-lackner-kuhlWenn ich an den „Lackner“ denke, werde ich ganz wehmütig. Damals, zu meiner Zeit in den 90ern, war er wirklich noch so etwas wie ein Mini-Kommentar für die Westentasche, der auch vom Format her viel kleinere Bruder der Standard-Kommentare im Strafrecht: Gerade mal 11,5 mal 16,5 cm maß er damals, war aber dafür mit einer Tiefe von 5,5 cm ganz schön dick. Woher ich die Maße noch weiß? Gerade eben hab ich sie ungläubig staunend nachgemessen, nachdem ich meinen alten „Lackner“, die 20. Auflage von 1993, ich muss ihn wohl seinerzeit auf einem Flohmarkt erstanden haben, aus dem Regal gezogen habe. Nein, auch wenn ich fast alle anderen Überbleibsel aus jenen Jahren demnächst aus Platzmangel (Minimalismus-Trend!) in die Bücherbox bringen werde, der alte „Lackner“ muss bleiben! Denn er erinnert mich daran, wie ich fast nur mit ihm allein (heute kann ich es ja zugeben) meine Hausarbeit für den großen Strafrechtsschein geschrieben – und sogar bestanden! – habe. Und was in diesem Buch für Kuriositäten drinstanden! Als Beispiel für eine Beleidigung stand da doch tatsächlich: „Du Lümmel!“ (Und als Beispiel für üble Nachrede: „Er ist ein Lümmel.“) Das war auch damals schon reichlich aus der Zeit gefallen, aber das machte den „kleinen Dicken“ nur noch liebenswerter.

Und nun gibt es also einen neuen „Lackner“. Genau genommen heißt er jetzt „Lackner/Kühl“ und erlebt inzwischen seine 28. Auflage. Er ist, anders als mittlerweile seine großen Brüder, keiner, der jedes Jahr neu rauskommt. Doch ist er längst nicht mehr so klein wie damals, sondern hat sich im Format den anderen angepasst. Nur, dass er jetzt immerhin ein wenig dünner ist als jene. Es steht auch nicht mehr das Wort „Lümmel“ drin. Dafür bringt er – relativ – kurz und – einigermaßen – knapp auf den Punkt, was man zu den Paragraphen im Strafgesetzbuch wissen sollte, wenn man sich nicht mit den deutlich ausführlicheren Konkurrenzprodukten belasten möchte. Und vor allem ist er – Achtung Alleinstellungsmerkmal! – noch immer – vergleichsweise – leicht verständlich. Also ideal für Jurastudenten mit langer Leitung, effektivitätsbewusste Strafrichter am Amtsgericht und nicht zuletzt, na klar, für Polizeidienststellen.

cover-koppIn vieler Hinsicht das Gegenteil vom „Lackner“ ist der VwGO-Kommentar von Kopp/Schenke, der mittlerweile in seiner 20. Auflage vorliegt. Seine Historie reicht weitaus kürzer zurück als die des „Lackner“, dafür erscheint er schon seit längerem jährlich, weshalb er dennoch den „Lackner“ in der Auflagenzahl bald überholt haben wird. Kurzum: Der „Kopp/Schenke“ ist das Musterbeispiel eines Standardkommentars. Die aktuelle Auflage berücksichtigt u.a. das Gesetz zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten vom 10.10.2013, das zweite Gesetz über Maßnahmen zur Beschleunigung des Netzausbaus Elektrizitätsnetze vom 23.7.2013 und das Gesetz zur Intensivierung des Einsatzes von Videokonferenztechnik in gerichtlichen und staatsanwaltlichen Verfahren vom 25.4.2013. Laut Verlagsinfo wendet sich dieses Werk – anders als der „Lackner“ – auch ausdrücklich an Professoren.

Prof. Dr. Dr. Kristian Kühl/ Prof. Dr. Martin Heger
Lackner/Kühl Strafgesetzbuch (Kommentar)
28. neu bearbeitete Auflage 2014
Verlag C.H. Beck
1.751 Seiten, EUR 59,00
ISBN 978-3-406-65227-1

Prof. Dr. Ferdinand Kopp / Dr. Wolf-Rüdiger Schenke
Verwaltungsgerichtsordnung (Kommentar)
20. neu bearbeitete Auflage 2014
Verlag C.H. Beck
2028 Seiten, EUR 64,00
ISBN 978-3-406-66214-0

Veröffentlicht von on Jun 19th, 2014 und gespeichert unter BESPRECHUNGEN, LITERATUR. Sie können die Kommentare zu diesem Beitrag via RSS verfolgen RSS 2.0. Sie können eine Antwort durch das Ausfüllen des Kommentarformulars hinterlassen oder von Ihrer Seite einen Trackback senden

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