Gute Gründe(r) – Rechtsberatung von Start-ups

Start-ups  verheißen Innovationen, Kreativität, Schnelligkeit und Wachstum.  Potentiell attraktive Mandanten für einen Rechtsanwalt, Mitwachsen inklusive. Geht die Rechnung auf? Beispiele aus der Praxis.

Judith Hammer

 

RAin Sabine Fuhrmann (Foto: www.spiritlegal.com)

RAin Sabine Fuhrmann (Foto: www.spiritlegal.com)

Das Wichtigste in Kürze
-Erwartung der Mandanten: Fremdsprachen, schnelle Reaktionszeiten, Kreativität, klare Kommunikation, gute Kenntnis von Internetgeschäftsmodellen, Technikaffinität
-Akquise: Über Netzwerke, Präsenz in der Szene
-Honorare: Pauschalen oder reduzierte Stundensätze, Transparenz

Die Motive beim Anwalt: Der Markt, Spannung und Begeisterung. „Es macht Spaß, immer wieder Teil einer neuen Idee sein zu dürfen“: Für Rechtsanwalt Raphael Thomas, The Startup Lawyers, Berlin, lohnt sich die Spezialisierung: Sie ergab sich aus dem Berliner Markt, neben London das wichtigste Zentrum für Neugründungen in der digitalen Wirtschaft in Europa. Die Internationalität der meisten Gründungsvorhaben reizt ihn und seine Kollegen sehr. So habe man das Gefühl, in der Welt unterwegs zu sein: „In unserer Kanzlei wird mehr Englisch, Italienisch, Französisch, Spanisch und Japanisch gesprochen als Deutsch.“ Hinzu komme die persönliche Faszination an den meist sehr jungen Leuten, die so überzeugt sind von einer Idee, dass sie viel Energie und Kreativität hineinstecken.
Bei Anwaltskollegin Sabine Fuhrmann von Spirit Legal LLP, Leipzig und London, hat sich die Beratung von Start-ups als ein Schwerpunkt herausgebildet, weil die Partner früher jeweils als Syndici in IT-Unternehmen tätig waren. Bereits dort erkannten sie den Beratungsbedarf und bauten ein Netzwerk auf. Sie findet die Dynamik und Geschwindigkeit, mit der sich Geschäftsmodelle verändern und die rechtlichen Themen, die sich daraus ergeben, reizvoll. Es bleibe immer spannend, sagt sie.

Zwei Schwerpunkte
Start-ups brauchen vor allem in zwei Bereichen Beratung, so Rechtsanwalt Thomas, zum einen im Gesellschaftsrecht, zum anderen in allem, was das operative Geschäft mit sich bringt: Namensfindung, Markenrecherchen und -anmeldungen, AGB und Datenschutzerklärungen. Da es sich meist um Internetunternehmen handele, seien Werbeaussagen und Bestellprozesse anhand des Wettbewerbsrechts zu prüfen. Dazu kommen Verträge mit Kooperationspartnern und mit den ersten Mitarbeitern. Rechtsanwältin Fuhrmann aus Leipzig zitiert einen Mandanten: „Seit ich eine Anwältin habe, brauche ich auch eine“. Den konkreten Bedarf ermittele sie gemeinsam mit den Mandanten. Dazu gehöre auch die Unterstützung bei Finanzierungsmaßnahmen.

Was Start-ups erwarten
Ein Start-up-Unternehmen als Mandant hat besondere Ansprüche; neben Sprachen nennt Anwalt Thomas ein tiefes Wissen über Vertriebsmodelle und die Technik des Internets. “ Keiner unserer Mandanten hat Zeit, uns zu erklären, wie Affiliate-Marketing, Suchmaschinenwerbung, GoogleAnalytics oder Twitter funktionieren.“ Außerdem sei ein guter Überblick über die Gründerszene und ihre Netzwerke hilfreich. Auf der persönlichen Ebene sieht Sabine Fuhrmann an den Start-up-Rechtsberater Anforderungen wie Flexibilität, kurze Reaktionszeiten, Kreativität und eine klare Kommunikation. In der klassischen Anwaltskanzlei mit Vorzimmerdame und knarzendem Parkettfußboden fühlt sich ein Start-up nicht wohl, sagt sie. „Wir arbeiten mit denselben Tools wie unsere technikaffinen Mandanten, statt Memos gibt es bei uns Skype“. So übernehme man gerne die Unkompliziertheit der Mandanten in den Kanzleialltag.
Die Schnelligkeit, die Start-up-Mandanten erwarten, sieht auch Rechtsanwalt Thomas als eine der wichtigsten Anforderungen an die Anwälte in seiner Kanzlei, daneben Mehrsprachigkeit, Verständnis von Internetgeschäftsmodellen und einschlägige Weiterbildung. Am meisten lerne man aber durch die tägliche Arbeit. Publikationen in Fachzeitschriften oder im Internet seien dagegen nicht gefragt: „Unsere Mandanten sind froh, dass sie ihre juristischen Probleme bei uns abladen können, mit den neuesten Spitzfindigkeiten von Rechtsprechung und Literatur wollen sie eher nichts zu tun haben.“ Eine weitere Besonderheit dieser Mandanten sei ihr Unbehagen bei der Vorstellung, Streits gerichtlich klären zu lassen. „Die Kosten und viel mehr noch die Dauer eines Gerichtsverfahren übersteigen alle Zeiteinheiten, die sie aus ihren Businessplänen kennen“, erklärt er. Man tue alles dafür, Konflikte außergerichtlich und schnell zu lösen.

Akquise und Honorarlösungen
Die Akquise in der Szene läuft über Netzwerke, Empfehlungen und Präsenz, so Anwältin Fuhrmann. Ihre Kanzlei sei gut vernetzt, auch im Web präsent und hole potentielle Mandanten auf den Kanälen ab, die sie selbst nutzen. Außerdem veranstaltet die Kanzlei Workshops, Webinare und Vorträge und engagiere sich als Mentor und Sponsor bei Gründerevents.
Gerade bei Start-ups sind die Kosten ein wichtiger Faktor, der auch bei der Rechtsberatung gilt. Hier können sich besondere Lösungen lohnen. Rechtsanwalt Thomas etwa arbeitet mit deutlich reduzierten Stundensätzen bei Start-up-Mandanten und Pauschalen für die Erstellung der Gründungsdokumente. Transparenz und offene Kommunikation über Budgets hält Fuhrmann für wichtiger als eine konkrete Zahl. Bei einem begrenzten Budget werden gemeinsam Prioritäten ermittelt.
Die Beratung von Start-ups lohnt sich, mit der Vision, dass diese dort nicht stehen bleiben. „Im Idealfall etablieren wir uns als Hauskanzlei während des gesamten Lebenszyklus“, so Rechtsanwältin Sabine Fuhrmann. Auch Anwalt Raphael Thomas ist davon überzeugt, dass man als Rechtsberater mit dem Mandanten wachsen kann; einige der von seiner Kanzlei betreuten Start-ups haben inzwischen mehrere Hundert Mitarbeiter. Und: „Bisher sind uns alle Mandaten treu geblieben.“

Veröffentlicht von on Mai 25th, 2015 und gespeichert unter DRUM HERUM, SONSTIGES, UND DANACH. Sie können die Kommentare zu diesem Beitrag via RSS verfolgen RSS 2.0. Sie können eine Antwort durch das Ausfüllen des Kommentarformulars hinterlassen oder von Ihrer Seite einen Trackback senden

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