Zwei Bücher zu Aufhebungsvertrag und Abfindung
Martina Weber
Klassische Situation Nr.1: Der Arbeitgeber bittet den Arbeitnehmer ohne Angabe von Gründen zu einem Gespräch. In seinem Büro legt er ihm einen Aufhebungsvertrag vor, mit der Ankündigung, das Arbeitsverhältnis zu kündigen, wenn der Arbeitnehmer nicht unterschreibt. Fallvariante: Der Aufhebungsvertrag enthält einen Abfindungsanspruch.
Klassische Situation Nr. 2: Güteverhandlung vor dem Arbeitsgericht. Nachdem die Sachlage in groben Zügen dargelegt ist und der Vorsitzende Richter seine vorläufige Einschätzung der Rechtslage dargelegt hat, schlägt er einen Vergleich vor, in dem das Arbeitsverhältnis aufgelöst wird und der Arbeitnehmer eine Abfindung erhält.
Wer als Arbeitnehmer in solchen Grenzsituationen des Arbeitslebens nicht eine rein emotionale Entscheidung treffen möchte, muss informiert sein: über die Möglichkeiten der Unwirksamkeit einer Kündigung, über den Weiterbeschäftigungsanspruch und den Annahmeverzug, über die angemessene Höhe von Abfindungen, über deren steuerrechtliche Behandlung und Auswirkungen auf den Bezug von Arbeitslosengeld, um hier nur einige Aspekte zu nennen. Der Bund Verlag ist dafür bekannt, im Arbeitsrecht eine Arbeitnehmerperspektive einzunehmen. So richtet sich auch das Buch von Hans Peter Hjort „Aufhebungsvertrag und Abfindung“ an betroffene Arbeitnehmer. Der Autor, der nicht nur als Fachanwalt für Arbeitsrecht tätig ist, sondern auch Leiter des Arbeitskreises Arbeitsrecht der Vereinigung Demokratischer Juristinnen und Juristen, schafft es dabei nicht nur, die Rechtslage umfassend darzustellen und auch auf Aspekte wie psychologische Einflussgrößen beim Aufhebungsvertrag einzugehen, sondern es gelingt ihm darüber hinaus, dies alles in einer wunderbar leicht lesbaren, und doch exakten, Sprache darzustellen, so dass hier der nichtjuristische Leser tatsächlich vom Experten „abgeholt“ wird. Sehr schön wird zum Beispiel erklärt, dass weit die mehr als die Hälfte aller Kündigungsschutzprozesse in einem Abfindungsvergleich enden, dass es aber keineswegs einen Anspruch auf Abfindung im Kündigungsschutzprozess gibt, sondern dass die Vereinbarung einer Abfindung das Ergebnis einer bestimmten Prozesssituation ist. Hjort bewertet die Abfindungsvergleichskultur als Entwertung des Kündigungsschutzes. Immerhin geht es um den Verlust des Arbeitsplatzes, der meist eng mit sozialen Beziehungen und Selbstwertgefühl verbunden ist. Im Anhang dieses sehr empfehlenswerten Buches finden sich Vertragsmuster für Aufhebungsverträge sowie Rechtsvorschriften.
Christian Beck ist ebenfalls Fachanwalt für Arbeitsrecht. Er berät überwiegend Arbeitgeber. Sein Band „Die Abfindung im Aufhebungsvertrag und gerichtlichen Vergleich“ kommt in einer Spiralbindung daher und wirkt wie die Ausarbeitung eines Vortrags für den Kollegenkreis. Deshalb ist der Band eher nicht für nichtjuristisch gebildete Arbeitnehmer geeignet, sondern für Juristen bzw. Arbeitsrechtler, die sich in kurzer Zeit in die Materie einarbeiten wollen. Dafür eignet sich das Buch aber auch sehr gut. Zunächst werden die Rechtsgrundlagen zum Abfindungsanspruch dargestellt und die Motivation dafür, im Prozess vor dem Arbeitsgericht einen Abfindungsvergleich abzuschließen. In weiteren Kapiteln werden die arbeitsrechtliche Behandlung von Abfindungen thematisiert (Aufrechnung, Abtretung, Vererblichkeit), die steuerliche Behandlung (vor allem die Fünfteilregelung nach § 34 EStG), die sozialversicherungsrechtliche Behandlung, die Auswirkungen auf das Arbeitslosengeld (in deren Zentrum die Frage nach der Sperrzeit steht) und schließlich die Pfändbarkeit. Die Darstellung ist sachlich, manchmal etwas knapp, gelegentlich gibt es Beispiele. Der rote Faden bleibt immer sichtbar.
In beiden Büchern wird deutlich, dass der Abschluss eines Abfindungsvertrages im Kündigungsschutzprozess letztlich ein Deal ist, dessen Regeln man kennen sollte.
Christian Beck
Die Abfindung im Aufhebungsvertrag und gerichtlichen Vergleich
Verlag Dr. Otto Schmidt, Köln 2014
81 Seiten, 19,99 Euro
Jens Peter Hjort
Aufhebungsvertrag und Abfindung. Strategien, Tipps und Musterverträge
Bund Verlag, Frankfurt am Main 2014, 5. Auflage
311 Seiten, 19,90 Euro