Der Antimonopolist

Deutsche Juristenbiographien, Teil 5: Franz Böhm (1895-1977)

Matthias Wiemers

Der Jurist Franz Böhm, in der Öffentlichkeit gelegentlich als Volkswirt angesehen, war der bedeutenste juristische Vater der „Sozialen Marktwirtschaft“

Franz Böhm wird am 16. Februar 1895 in Konstanz als Sohn eines protestantischen Juristen geboren, der als Staatsanwalt, Hochschulreferent im Kultusministerium und schließlich als Kultusminister des Großherzogtums Baden tätig ist. Man kann ihn dem liberal-protestantischen badischen Bürgertum zuordnen. 1926 heiratet Böhm eine Tochter der Schriftstellerin Ricarda Huch, und der drei Jahre später geborene Sohn Alexander wird später Professor für Strafrecht und Strafvollzugsrecht an der Universität Mainz.
Im Ersten Weltkrieg Soldat, studiert Böhm ab 1919 Rechts- und Staatswissenschaften im heimischen Freiburg und schließt sich dort einem studentischen Corps an. Bereits 1922 legt er das Referendar- und 1924 das Assessorexamen ab und wird zum Staatsanwalt ernannt. Bereits Anfang des nächsten Jahres wird Böhm beurlaubt, um im Berliner Reichswirtschaftsministerium als Referent in der Kartellabteilung tätig zu werden. In dieser Zeit publiziert Böhm gelegentlich vor allem über kartellrechtliche Fragen, die sich aus seiner praktischen Arbeit ergeben. Aufgrund positiver Reaktionen hierauf kehrt Böhm schließlich 1931/32 nach Freiburg zurück, wo er bald darauf promoviert wird und sich nur ein weiteres Jahr später habilitiert. Die beiden im Jahre 1933 veröffentlichten Arbeiten lauten „Wettbewerb und Monopolkampf“ und „Kartelle und Koalitionsfreiheit“. Noch im Jahre 1933 wird Böhm ein Gründungsmitglied der Freiburger Schule des Ordoliberalismus. Bis 1935 bleibt er als Privatdozent in Freiburg tätig und nimmt von 1936 bis 1938 kommissarisch einen Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Handelsrecht und Arbeitsrecht an der Universität Jena wahr. Weil man Böhm wegen seines Einsatzes für verfolgte Juden denunziert hat, beginnt 1938 ein zweijähriges Dienststrafverfahren, das mit dem endgültigen Entzug der Lehrbefugnis endet, nachdem man zuvor schon vermieden hat, ihn auf einen Lehrstuhl zu berufen. 1938 beginnt die Mitwirkung in der Widerstandsbewegung „Freiburger Kreis“, die bis Kriegsende andauert und nach dem Attentat vom 20. Juli 1944 fast zu einer Verhaftung führt. Gleich 1945 wird Böhm sodann zum Freiburger Ordinarius berufen, ist bis 1946 mehrere Monate (für die CDU) Kultusminister in Hessen. In diesem Jahr erfolgt der Wechsel an die Universität Frankfurt, wo Böhm sogleich Dekan wird und deren Rektorat er 1948/49 innehat.
Ab 1947 übernimmt Böhm einige Positionen in Beiräten und Kommissionen, worunter der Wissenschaftliche Beirat beim Bundesminister für Wirtschaft sowie (ab 1948) die Josten-Kommission zur Vorbereitung eines Kartellgesetzes hervorzuheben sind.
Von 1953 bis 1965 ist Böhm Mitglied des Deutschen Bundestages, wo er nicht nur seine Überlegungen zur Schaffung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB), sondern auch Aufgaben im Rahmen der Wiedergutmachungspolitik gegenüber dem Staat Israel wahrnimmt.
Im Jahre 1967 an der Goethe-Universität emeritiert, stirbt Frank Böhm am 26. September 1977 in Rockenberg in der Nähe von Frankfurt.
Was machte nun die besondere Rolle Franz Böhms in Wissenschaft und Politik aus? Wie schon angedeutet, wird er bis heute gelegentlich zu den Volkswirten gerechnet. Dies liegt vor allem an der – wie Böhm selbst in einem Erinnerungsbeitrag tituliert – „Forschungs- und Lehrgemeinschaft zwischen Juristen und Volkswirten an der Universität Freiburg in den dreißiger und vierziger Jahren des 20. Jahrhunderts“. Diese Freiburger Schule, zu der vor allem auch der Ökonom Walter Eucken gehört, hatte vor allem die Frage der privaten Macht in einer freiheitlichen Gesellschaft zum Thema. Es ging ihnen darum, wie eine staatliche Ordnung beschaffen sein muss, um diese private Macht zu begrenzen und Monopole zu verhindern. Vor allem durch Ludwig Erhard und seinen bedeutenden Mitarbeiter Professor Alfred Müller-Armack, der den Begriff „Soziale Marktwirtschaft“ prägt, werden die Ideen des Ordoliberalismus in politische Praxis umgesetzt. Franz Böhm wirkt hieran – nicht nur durch seine Arbeit am Kartellgesetz von 1957 – wesentlich mit.

Quellen: Tamara Zieschang, Das Staatsbild Franz Böhms, 2003
Alexander Hollerbach, Wissenschaft und Politik: Streiflichter zu Leben und Werk Franz Böhms (1905-1977), in: FS für Paul Mikat (1985), S. 283 ff.

Veröffentlicht von on Mrz 21st, 2016 und gespeichert unter DRUM HERUM, RECHT HISTORISCH. Sie können die Kommentare zu diesem Beitrag via RSS verfolgen RSS 2.0. Sie können eine Antwort durch das Ausfüllen des Kommentarformulars hinterlassen oder von Ihrer Seite einen Trackback senden

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