Von der Stillosigkeit des Praktikantenlebens

Über das Pflichtpraktikum im Jurastudium

Julia Roller

Jeder (Jura-)Studierende weiß: Für circa drei Monate während seines Studiums muss man sich der praktischen Arbeit widmen, sprich – Praktika ableisten. Obwohl von Uni zu Uni unterschiedlich, gibt es einige allgemeine Punkte, die für alle gelten. Rein theoretisch, versteht sich. So hat ein Praktikum den Zweck, dem Studierenden das Hineinschnuppern in den Job, das Kennenlernen von Arbeitsabläufen und das Erwerben von praktischen Fähigkeiten zu ermöglichen, während die Ausbildungsstelle durch das Einarbeiten des oftmals nur kurz bleibenden Praktikanten zwar vielleicht etwas Zeit verliert, aber dadurch die Möglichkeit bekommt, Nachwuchs kennenzulernen und neue Impulse zu erhalten. Außerdem arbeiten gerade Studierende aus höheren Semestern oft schon recht selbständig und können im (Kanzlei-)Alltag behilflich sein.
Soviel zur Theorie des Praktikums. Oft sieht es nun aber praktisch ganz anders aus. Vor allem Studierende, die Pflichtpraktika ableisten müssen, gelangen entweder an solche Arbeitgeber, die sie gar nicht fordern, sondern vielmehr dulden, oder an solche, die sie wie Vollzeitkräfte einsetzen, um zeitintensive und unbeliebte Arbeiten wie Recherchieren, Korrekturlesen oder Kopieren erledigen zu lassen. Natürlich macht es für Praktikanten Sinn, auch solche Aufgaben wahrzunehmen, zumal der Großteil von ihnen zunächst nicht viel mehr kann, als die unterste Stufe der Arbeiten auszuführen, die in einem Betrieb anfallen. Doch ist es nicht ungerecht, dass eine solche Arbeit dann unbezahlt bleibt? Zeugt es nicht von Stillosigkeit, sich freiwillig Studierende in den Betrieb zu holen, diese dann arbeiten zu lassen (und zwar oft mehr als die 15 Pflichtwochenstunden) und dafür in den ganz überwiegenden Fällen keinen Cent zu bezahlen? Darauf angesprochen, erwidern einige Arbeitgeber der Praktikanten (in diesem Fall Anwälte), dass es doch sinnlos sei, dem juristischen Nachwuchs auch noch Geld zu zahlen, wo dieser doch zum einen dazu verpflichtet sei, eben solche Praktika abzuleisten, und zum anderen mehr (Zeit) koste, als er einbringe. Doch ist das Ziel eines Praktikums nun nicht, der Kanzlei Geld zu ersparen oder gar welches einzubringen. Primär soll es doch um den Lernzweck gehen. Und dieser kommt in vielen Praktika definitiv zu kurz, zumal wenn diese die durchschnittliche Länge von 4 Wochen überschreiten. Hier werden Praktikanten schnell in die täglich anfallenden Arbeiten eingearbeitet und lernen auf diese Weise zwar selbstverständlich auch viel, arbeiten aber letztlich doch unentgeltlich mit. Daher wäre es nicht nur sozial angemessener, einer wirklich helfenden Kraft (auch wenn es nur für vier Wochen ist) ein kleines Entgelt zu bezahlen, sondern es hätte auch eine überaus positive und auf die Kanzlei zurückstrahlende Außenwirkung, wenn sie von sich sagen könnte: Als eine der wenigen Kanzleien erkennen wir den Wert einer studierenden, bei uns mitarbeitenden Person an.

Veröffentlicht von on Jan 2nd, 2017 und gespeichert unter AUSBILDUNG. Sie können die Kommentare zu diesem Beitrag via RSS verfolgen RSS 2.0. Gehen Sie bis zum Ende des Beitrges und hinterlassen Sie einen Kommentar. Pings sind zur Zeit nicht erlaubt.

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