Internationales Recht und Politik

Deutsche Juristenbiographien, Teil 17: Albrecht Mendelssohn Bartholdy (1874- 1936)

Matthias Wiemers

Albrecht Mendelssohn Bartholdy trug nicht zufällig denselben Nachnamen wie der berühmte Komponist, der sein Großvater war. Der Philosoph Moses Mendelssohn war deshalb sein Ur-Ur-Großvater.
Albrecht Mendelssohn wird am 25. Oktober 1874 als Sohn des Historikers Karl Mendelssohn Bartholdy geboren, bei dem in diesem Jahr „katatonische Schizophrenie“ diagnostiziert wird, die ihn zwei Jahre später bis zum Lebensende 1897 in ein Schweizer Sanatorium befördert.
Die Gymnasialzeit verbringt Albrecht in Karlsruhe und ist Musik und Poesie zugetan. Kurz vor der Promotion in Leipzig im Jahre 1896 bringt er gemeinsam mit einem Studienfreund einen Lyrikband heraus und wird 1898 in Leipzig im Zivilrecht promoviert. Adolf Wach, der Leipziger Jurist und Schwager des Vaters, wird nicht nur sein Doktorvater, sondern 1905 heiratet Albrecht auch dessen Tochter Dora, seine eigene Cousine. Albrecht Mendelssohn Bartholdy ist zunächst Zivilrechtler, Experte für Ausländisches Privatrecht, und erhält, nach einer außerordentlichen Professur für Internationales Privatrecht 1905 in Leipzig, wo er schon als Dozent tätig ist, im Oktober desselben Jahres seinen ersten Ruf auf ein zivilrechtliches Ordinariat nach Würzburg. Dann wird er politischer Wissenschaftler und Völkerrechtler, ist Mitgründer der Deutschen Gesellschaft für Völkerrecht im Jahre 1917.
1919 wird Albrecht Mendelssohn Bartholdy in Berlin Mitglied einer dreiköpfigen Kommission, die für das Auswärtige Amt ein acht Jahre dauerndes Editionsprojekt über die diplomatischen Akten der Auswärtigen Politik u. d. T. „Die große Politik der europäischen Kabinette, 1871 – 1914“ durchführt, mit dem die Alleinschuld Deutschlands am Ersten Weltkrieg relativiert werden soll.
1920 erfolgt der Ruf als ordentlicher Professor für Zivilprozess, Auslandsrecht und Rechtsvergleichung an die neu gegründete Universität Hamburg, wo Mendelssohn Bartholdy 1921 unter Förderung des Bankiers Max Warburg das Institut für Auswärtige Politik gründet. Es soll der Aufarbeitung der Kriegsursachen, der völkerrechtlichen Bewältigung der Kriegsfolgen sowie der völkerrechtlichen Fundierung der Weimarer Außenpolitik dienen.
Ein Ruf an die Berliner Universität im Jahre 1922 lehnt Mendelssohn Bartholdy ab, ebenso wie vier weitere Rufe an andere Universitäten in Preußen.
1926 erfolgt die Einladung an die Yale-University in New Haven, Institute of Politics, wo Mendelssohn Batholdy vor einem amerikanischen Publikum zur Vorgeschichte des Ersten Weltkriegs sprechen darf. Nach Rückkehr gründet er die „Gesellschaft der Freunde der Vereinigten Staaten“ und die Zeitschrift „Hamburg-Amerika-Post“. Im Jahr darauf wird er in das Präsidium der Deutschen Liga für den Völkerbund gewählt und 1931 in die deutsche Völkerbunddelegation berufen.
Von der „Machtergreifung“ Hitlers erfährt Mendelssohn Bartholdy auf einer Vortragsreise in Chicago, im April des Jahres wird er aus dem Vorstand der Philharmonischen Gesellschaft abberufen. Im Juni ist er wiederum in Chicago, wo ihm die Ehrendoktorwürde der Northwestern University verliehen wird. Aus dem Herausgeberkreis des AöR muss Mendelssohn Bartholdy im Juli ausscheiden, weil man sich anschickt, das Periodikum neu auszurichten. Im August 1933 verlässt er die Deutsche Gesellschaft für Völkerrecht und nimmt am 23. des Monats die Ankündigung seiner Zwangsversetzung in den Ruhestand zum Jahresende entgegen. Die daraufhin erbetene sofortige Beurlaubung wird gewährt. Im September schon erfolgt die Zwangseremitierung. Im Januar 1934 werden dem Institut die staatlichen Mittel durch das Reichsinnenministerium entzogen, am 26. Januar werden Mendelssohn Bartholdys Ruhestandsbezüge gekürzt. Anfang März tritt er als Direktor des Instituts für Auswärtige Politik zurück und flüchtet im September nach England. Ehefrau Dora und die beiden Adoptivtöchter folgen. In Oxford erhält er einen Lehrauftrag, dafür werden die Ruhegehaltsbezüge vollständig gestrichen. Albrecht Mendelssohn Bartholdy wird schließlich Senior Fellow des Balliol College. In der Nacht zum 27. November 1936 stirbt er in Oxford an Magenkrebs.
1937 verlegt man das Institut in die Reichshauptstadt, Internationales Privatrecht darf in Hamburg nicht mehr gelesen werden, der Lehrstuhl für Auslandsrecht wird in eine Gastprofessur umgewandelt

Quellen:
– Thomas Lackmann, Das Glück der Mendelssohns. Geschichte einer deutschen Familie (nnn)
– Michael Stolleis, Geschichte des Öffentlichen Rechts in Deutschland, Bd. III, 1914 – 1945

Veröffentlicht von on Jan 15th, 2018 und gespeichert unter DRUM HERUM, RECHT HISTORISCH. Sie können die Kommentare zu diesem Beitrag via RSS verfolgen RSS 2.0. Gehen Sie bis zum Ende des Beitrges und hinterlassen Sie einen Kommentar. Pings sind zur Zeit nicht erlaubt.

Hinterlassen Sie einen Kommentar!