Die Arbeitsweise der Europäischen Kommission umfangreich kommentiert

Band III des „Frankfurter Kommentars“ zum Europarecht

Matthias Wiemers

Die beiden letzten Bände des neuen Großkommentars zum Europarecht beinhalten den Großteil des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union, beginnend mit dem Titel VII über „Gemeinsame Regeln betreffend Wettbewerb, Steuerfragen und Angleichung der Rechtsvorschriften“. Der Zivilrechtler Christoph Brömmelmeyer beginnt seine Kommentierung zum allgemeinen Kartellverbot nach Art. 101 AEUV mit einer deutliche Erinnerung an die Reichweite dieser Vorschrift im Sinne einer offenen Marktwirtschaft, die eine Wettbewerbsbeschränkungskontrolle mit umfasst (Rn. 1). Die Erläuterungen des Kartellverbots umfassen dabei auch den „more economic approach“, erläutert die Möglichkeit von Freistellungen und bietet am Schluss – wohl unvermeidlich bei dieser Norm – zahlreiche Fallgruppen. Der Autor hat glücklicherweise auch den Missbrauchstatbestand in Art. 102 kommentiert, so dass hier eine Darstellung aus einem Guss vorliegt, die durch interne Verweisungen auch dokumentiert wird, während die Ermächtigungsgrundlage für Sekundärrechtsakte (Art. 103) sodann von Carsten Nowak kommentiert wird.
Carsten Nowak ist es auch, der die folgenden Vorschriften über die Befugnisse der Mitgliedstaaten und der EU-Kommission erläutert hat (Art. 104, 105).
Markus Krajewski kommentiert die Vorschrift über die öffentlichen Unternehmen (Art. 106), die er zu Recht als Grundnorm in den ordnungspolitischen Auseinandersetzungen um die Daseinsvorsorge qualifiziert. Die Kommentierung bietet eine solide Grundlage, um sich in derartigen Debatten eine Meinung bilden zu können.
Die Vorschriften zum Beihilferecht (Art. 107 bis 109) stammen wieder aus der Feder von Carsten Nowak. Die nachfolgenden Kommentierungen der Vorschriften über steuerliche Diskriminierung stammen von Ralf-Peter Schenke. Mehr noch als die vorstehenden Artikel ist Art. 114 als die Zentralnorm für die Rechtsangleichung im Binnenmarkt von Interesse, der sich mit Jörg Philipp Terhechte ein Mitherausgeber angenommen hat. Hierin wird das Thema Rechtsangleichung in allen Facetten und nicht zuletzt im Bezug zu anderen Kompetenzvorschriften erläutert. Die abschließende Kritik des Autors (Rdnr. 106) über die Inanspruchnahme der Binnenmarktkompetenz kann nur unterstrichen werden. Auch die übrigen Vorschriften (Art. 115 bis 118) dieses Titels hat Terchechte erläutert. Christoph Herrmann hat die Vorschriften über die Wirtschaftspolitik (Art. 119 bis 126) kommentiert, Cornelia Manger-Nestler diejenigen über die Währungspolitik (Art. 127 bis 135), die Kommentierungen der Vorschriften über die Euro-Gruppe stammen aus verschiedenen Federn, ebenso diejenigen zu den Übergangsbestimmungen. Besonders lesenswert sind die Ausführungen Jörn Axel Kämmerers zu Art. 139 und 140, gipfelnd darin, dass er „die Wiederherstellung einer eigenen Währung“ für Mitgliedstaaten als eine Alternative zur „Alimentierung des Mitgliedstaats über Union, EFSF und ESM in einer weiterhin fragilen Währungsunion“ ernsthaft für möglich hält (Rdnr. 77). Es folgen die Kommentierungen zu einzelnen Titeln zu Fachpolitiken durch teilweise besonders ausgewiesene Fachleute der jeweiligen Materie: IX Beschäftigung: Ingo Palsherm, X Sozialpolitik: Eva Kocher, XI Der Europäische Sozialfonds: Ulrich Häde, XII Allgemeine Berufliche Bildung, Jugend und Sport sowie XIII: Kerstin Odendahl, XIV Gesundheitswesen: Thomas Lübbig, XV Verbraucherschutz: Martin Schmidt-Kessel, XVI: Transeuropäische Netze: Thomas Lübbig, XVII Industrie: Walter Frenz, XVIII Wirtschaftlicher, sozialer und territorialer Zusammenhalt: Ulrich Häde, XIX Forschung, technologische Entwicklung und Raumfahrt: Walter Frenz, XX Umwelt: Sebastian Heselhaus, XXI Energie: Jörg Gundel, XXII Tourismus und XXIII Katastrophenschutz: Nele Matz-Lück und XXIV Verwaltungszusammenarbeit: Walter Frenz.
Burkhard Schöbener hat sich dem gesamten Vierten Teil über die Assoziierung der überseeischen Länder und Hoheitsgebiete (Art. 198 bis 204) und Marc Bungenberg und Kerstin Odendahl sich den Einzeltiteln des Fünften Teils über das Auswärtige Handeln der Union angenommen, wovon Burkhardt Schöbener noch den letzten Titel (Art. 215) über Wirtschaftssanktionen kommentiert hat.
Wenn auch hier wieder ein Fazit gewagt werden soll, so lässt sich hervorheben, dass der Kommentar die Einzelmaterien des praktischen Europarechts, das wir leider nicht nur im Sekundärrecht suchen müssen, systematisch erläutert und auch in ein richtiges Verhältnis zueinander stellt. Dass nun auch noch ein vierter Band erforderlich ist, ist teilweise dem Umstand geschuldet, dass man das Primärrecht inzwischen „überladen“ hat, Umso wichtiger erscheint es, mit dem Frankfurter Kommentar eine umfassende Bestandsaufnahme des geltenden Europarechts zur Hand zu haben.

Matthias Pechstein/ Carsten Nowak/ Ulrich Häde (Hrsg.), Frankfurter Kommentar zu EUV, GRC, AEUV, Band III: AEUV Artikel 101 – 215, XXXVII 1719 + 107 S., 199 Euro (ISBN 978-3-16-155046-I)

Veröffentlicht von on Apr 9th, 2018 und gespeichert unter BESPRECHUNGEN, LITERATUR. Sie können die Kommentare zu diesem Beitrag via RSS verfolgen RSS 2.0. Gehen Sie bis zum Ende des Beitrges und hinterlassen Sie einen Kommentar. Pings sind zur Zeit nicht erlaubt.

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