Kleine Literaturschau zum Polizeirecht, Teil 1

„Allgemeines Polizei- und Ordnungsrecht“ von Götz/Geis und“ Polizei- und Ordnungsrecht“ von Schenke

Matthias Wiemers

Die deutsche Polizei befindet sich im Umbruch. Seitdem vor etwa 20 Jahren einige Bundesländer den mittleren Dienst ihrer Polizeien abgeschafft haben und seither neue Beamte nur noch in den gehobenen Dienst aufnehmen, nimmt die Polizeiausbildung am allgemeinen gesellschaftlichen Trend zur Akademisierung teil. Deshalb haben Bundesländer die Kapazitäten ihrer Polizeiakademien und Hochschulen erheblich erweitern müssen und erlebt diese Erweiterung gerade in jüngster Zeit noch einmal einen großen „Schub“. Die angebotenen Studiengänge gehören, dies sei nur am Rande vermerkt, zu den nahezu 20.000 akkreditierten Studiengängen, die es heute, Ende 2018, in Deutschland gibt. Am universitären Studienangebot für Juristen, das gelegentlich noch erweitert wird, nimmt das allgemeine Polizei- und Ordnungsrecht als klassisches Fach der Eingriffsverwaltung nach wie vor teil, und es existieren hier teilweise seit Jahrzehnten dieselben Lehrbücher.

Wie auch das universitäre Lehrbuchangebot seit der Zeit meines eigenen Studiums in den 1990ern geradezu explosionsartig angestiegen ist, wurden jüngst auch teilweise spezielle Lehrbuchreihen für die Polizeiakademien geschaffen. Das Angebot ist unübersichtlich und kann hier nicht im Einzelnen dargestellt werden. Die nachfolgende Auswahl ist willkürlich, zeigt aber doch einen gewissen Querschnitt (Zum „Wörterbuch der Polizei“, 3. Aufl., Beck-Verlag 2018, s. demnächst Wiemers in der „DÖV“).

Während das klassische, nach wie vor lesbare Lehrbuch „Gefahrenabwehr“ von „Drews/Wacke“ seit 1986 nicht mehr aufgelegt wurde, ist das 1970 erstmals (und etwa 40 Jahre lang bei Vandenhoeck & Rupprecht) erschienene Lehrbuch „Allgemeines Polizei- und Ordnungsrecht“ von Volkmar Götz 2017 in 16. Auflage bei C. H. Beck erschienen. Seit dieser neuesten Auflage ist mit Max Emanuel Geis ein auch nicht mehr ganz junger Ko-Autor an die Seite von Götz getreten. Zwar hat sich auch dieses Lehrbuch seit 1970 im Umfang fast verdoppelt, aber mit seinen nunmehr 283 Seiten ist es nach wie vor als übersichtlich zu bezeichnen. Der Band ist in 23 Kapitel (§§) in acht Abschnitten aufgeteilt. In direktem Zugriff wird in § 1 der Gegenstand des allgemeinen Polizei- und Ordnungsrechts bestimmt, bevor die „Wandlungen des Polizeibegriffs“ (§ 2) in historischer Perspektive dargestellt werden. Gerade das Polizeirecht zeigt sehr anschaulich die historische Bedingtheit des Öffentlichen Rechts. In diesem Kapitel bestätigt Götz, was er schon im Vorwort andeutet: dass nämlich das Volkszählungsurteil im Jahre 1983 des BVerfG eine von ihm so genannte „dritte Periode“ der Entwicklung des Polizeirechts eingeleitet hat, die bis hin zur Gegenwart reicht.

Wer die ersten beiden Kapitel dieses Lehrbuchs liest, hat schon viel vom Polizeirecht vermittelt bekommen. Im zweiten Abschnitt „Die Elemente der Gefahrenabwehr“ (§§ 4 bis 7) werden die Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit (§ 4) und öffentlichen Ordnung (§ 5), und werden die wichtigen Begriffe der „Gefahr“ (§ 6) und die Unterscheidung zwischen Aufgaben- und Befugnisnormen (§ 7) dargestellt. Im dritten Abschnitt geht es um die einzelnen Eingriffsbefugnisse (§ 8) und die Adressaten ordnungsbehördlicher Maßnahmen (§§ 9, 10). Im vierten Abschnitt werden Anforderungen an die Ausübung der Eingriffsbefugnisse dargestellt: Ermessen und gesetzliche Grenzen (§ 11), regelnde und faktische Eingriffe (§ 12) und Verwaltungszwang (§ 13). Im fünften Abschnitt geht es um „Kosten- und Schadensausgleich“ im sechsten um die Polizeiorganisation, im siebten um die Ordnungsverwaltung und ihr Recht und im achten Abschnitt um das Versammlungsrecht, das hier mit einigem Recht als „Sonderfall Versammlungsrecht“ (§ 23) dargestellt wird.

Der durchgehend logische Aufbau des Bandes wird durchsetzt durch praktische Beispiele mit ebenfalls in den Text eingestreuten Lösungen. Auch Literaturhinwiese sind durchgehend eingearbeitet und nachgewiesen; zudem enthält jeder Abschnitt eingangs Literaturhinwiese. Alles in allem: An diesem Lehrbuch gibt es nichts auszusetzen.

Volkmar Götz/ Max Emanuel Geis, Allgemeines Polizei- und Ordnungsrecht, 16. Auflage, Verlag C. H. Beck, München 2017, 283 S., 21, 90 Euro

Seit bereits anderthalb Jahrzehnten am Markt ist das Lehrbuch „Polizei- und Ordnungsrecht“ des Mannheimer Emeritus Wolf-Rüdiger Schenke aus der Reihe „Schwerpunkt Pflichtfach“ bei C. F. Müller (erstmals 2002).

Das Buch ist wesentlich umfangreicher und dürfte etwa doppelt so viele Wörter enthalten wie der Götz/Geis. Folglich ist der Aufbau auch nicht so stringent. Andererseits ist das Inhaltsverzeichnis deutlich tiefer gestaffelt und lassen sich Probleme gegebenenfalls leichter zurordnen. Erwähnen ist hier auch der Exkurs zu den in ihrer Bedeutung weiter zunehmenden privaten Sicherheitsdiensten (Rdnr. 472 ff.) und die deutlichere Hervorhebung des Theas der internationelen polizeilichen Zusammenarbeit (Rdnr. 460 ff.). Schließlich enthält der Band einen Anhang mit der aktuellen Version eines Musterentwurfs eines einheitlichen Polizeigesetzes und der Länder (S. 405 ff.). Auch hier finden sich durchgehend Übungsfälle mit Lösungen sowie praktische Beispiele eingearbeitet. Doch zum Lernen wird man wohl eher auf das bereits vorgestellte Buch zurückgreifen.

Wolf-Rüdiger Schenke, Polizei- und Ordnungsrecht, 10. Aufl., C. F. Müller Verlag, Heidelberg 2018, 438 S., 25, 99 Euro.

Veröffentlicht von on Dez. 24th, 2018 und gespeichert unter BESPRECHUNGEN, LITERATUR. Sie können die Kommentare zu diesem Beitrag via RSS verfolgen RSS 2.0. Gehen Sie bis zum Ende des Beitrges und hinterlassen Sie einen Kommentar. Pings sind zur Zeit nicht erlaubt.

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