Der erste Band des Ehlers/Fehling/Pünder in vierter Auflage
Matthias Wiemers
Das Besondere Verwaltungsrecht ist als Kategorie eine stete Herausforderung für Autoren und Herausgeber. Denn wenn man den Anspruch auf Systematisierung ernst nimmt und gleichzeitig Grenzen des Umfangs ziehen will, müssen immer wieder Kompromisse eingegangen werden. Ernst Forsthoff ist bekanntlich an seinem lange angekündigten Besonderen Teil gescheitert. Das erstmalig von Norbert Achterberg konzipierte, aber nicht mehr ausgeführte „Besondere Verwaltungsrecht“, das in den ersten beiden Auflagen zweibändig war, scheint nun in seiner dreibändigen Form, seit 2012 von den Professoren Dirk Ehlers, Michael Fehling und Hermann Pünder herausgegeben, seine feste Form gefunden zu haben.
Der erste Band über das Öffentliche Wirtschaftsrecht umfasst wie zuvor auch 37 Paragraphen, ist aber nunmehr im Aufbau etwas modifiziert und insgesamt um knapp 180 Seiten angewachsen. Die Autorenschaft hat sich nur marginal verändert.
Der Senior-Herausgeber Dirk Ehlers leitet das Kapitel „Grundlagen des öffentlichen Wirtschaftsrechts“ ein mit „Wirtschaft als Gegenstand des öffentlichen Rechts“ (§ 1), das ergänzt wird durch „Öffentliches Wirtschaftsrecht aus Sicht der ökonomischen Theorie“ (§ 2) von Christoph Engel.
Das zweite Kapitel besteht aus insgesamt sechs Paragraphen und behandelt das internationale Wirtschaftsrecht. Stefan Oeter stellt die internationalen Wirtschaftsorganisationen dar (§3). Jasper Finke, bislang nur Co-Autor über die „Welthandelsorganisation“ (§ 4) hat nun den aktualisierten Beitrag vollständig übernommen. Peter-Tobias Stoll erläutert wiederum den internationalen Warenverkehr (§ 5) und Maximilian Haedicke hat den handelsbezogenen Schutz der Rechte des geistigen Eigentums erneut behandelt (§ 7). Das erste vollständig überarbeitete Kapitel ist das über den internationalen Investitionsschutz (§ 8), für das der schon bisherige Autor Rainer Hofmann einen neuen Co-Autor, Philipp B. Donath, gewonnen hat. Hierin wurde der Abschnitt über „Streitbeilegung“ (E.), der in den letzten Jahren im Kontext der TTIP-Verhandlungen eine weite Aufmerksamkeit erlangt hat, in der Vorauflage noch mit „Rechtsdurchsetzung“ überschrieben.
Es folgt das dritte Kapitel über „Europäisches Wirtschaftsrecht“, das wiederum von Wolfgang Cremer mit „Zielsetzung und Regelungsansätze des Europäischen Wirtschaftsrechts“ (§ 9) eingeleitet und sodann mit der europäischen Wirtschafts- und Währungsunion (§ 10), erneut durch Christoph Herrmann, fortgesetzt wird.
Das vierte Kapitel beginnt mit „Grundlagen des nationalen öffentlichen Wirtschaftsrechts (mit europäischen Bezügen)“, erneut verfasst von Wolfgang Durner (§ 11). Der „Organisation der Wirtschaftsverwaltung“ (§ 12) hat sich erneut Winfried Kluth angenommen. Das Kapitel über „Privatisierung“ von Jörn Axel Kämmerer (§ 13) ist in der Neuauflage nach vorne gerückt worden, wurde aber nur punktuell aktualisiert, durch die Neuerung in Artikel 87 e GG und vor allem durch die Änderung des Art. 90 GG hinsichtlich der Verwaltung der Bundesfernstraßen (Rdnr. 53). Es folgt der zweite Beitrag von Winfried Kluth über die „Selbstverwaltung der Wirtschaft und der freien Berufe“ (§ 14), der hier die wichtige Entscheidung des BVerfG zur Pflichtmitgliedschaft in Industrie- und Handelskammern aus dem Jahre 2017 einzuarbeiten hatte. Lothar Michaels „Selbstregulierung der Wirtschaft“ (§ 15) wurde nur behutsam angepasst.
Es folgt ein neues fünftes Kapitel über den „Staat als Anbieter und Nachfrager“, das aus den bisherigen Beiträgen „Kommunale und sonstige öffentliche Unternehmen“ (§ 16), worin der Autor Joachim Suerbaum vor allem den Abschnitt über die öffentlichen Unternehmen als Auftragnehmer neu geschrieben hat. Vollständig neu geschrieben hat Hermann Pünder sein Kapitel über das „Vergaberecht“ (§ 17), das allein etwa 20 Seiten an Umfang zugenommen hat, aber auch neu aufgebaut wurde. Inhaltlich sieht Pünder das Vergaberecht „auf dem Weg zu einem allgemeinen Teil eines Verteilungsverwaltungsrechts“ (Abschnitt VI., Rdnr. 16 ff.). Dem kann nur zugestimmt werden, ergänzt um die Überlegung, dass künftig knapper Wohnraum an Bedürftige vielleicht besser öffentlich-rechtlich „vergeben“ werden sollte.
Das sechste Kapitel behandelt „Besondere Gebiete des öffentlichen Wirtschaftsrechts“ und wird zunächst ausgefüllt von „Gewerberecht“ (§ 18), „Handwerksrecht“ (§ 19) und „Gaststättenrecht“ (§ 20), alle bearbeitet von Dirk Ehlers. Das danach folgende „Außenwirtschaftsrecht“ (§ 21) von Hans-Michael Wolffgang wurde innerhalb des Bandes vorgezogen, „Grundfragen der Wirtschaftsregulierung“ wirft wiederum Matthias Ruffert auf (§ 22), gefolgt vom „Energierecht“ (§ 23, Pielow, Benrath, Hoff, Schlegel), „Telekommunikationsrecht“ (§ 23, Martin Eifert), „Post“ (§ 24, Ludwig Gramlich), „Eisenbahnrecht“ (§26, Georg Hermes), „Luftverkehrsrecht“ (§ 27, Karsten Baumann), „Personenbeförderung auf der Straße einschließlich ÖPNV“ und „Güterbeförderung auf der Straße“ (§§ 28, 29, jeweils Matthias Knauff).
Es folgen das „Subventionsrecht“ (§ 30, Jürgen Kühling) und das „Agrarrecht“ (§ 31), für das Ines Härtel u. a. den Titel von „Landwirtschaftsrecht“ geändert hat, was sich schon in der Vorauflage andeutete, aber nicht explizit begründet wurde. Das „Bankenaufsichtsrecht“ (§ 32, Christoph Ohler), „Versicherungsaufsichtsrecht“ (§ 33, Lothar Michael) und „Wertpapieraufsichtsrecht“ (§ 34, Steffen Augsberg) und „Börsenrecht“ (§ 35, Augsberg) bilden den Abschnitt über das Finanzmarktrecht.
„Internationales, europäisches und nationales Technikrecht“ (§ 36) wurden wieder von Thomas Klindt und Carsten Schucht bearbeitet, und Jörg-Philipp Terhechte hat seinen Beitrag über „Europäisches und deutsches Kartellrecht“ (§ 37) überarbeiten müssen, mit der Band erneut schließt.
Nach wie ist es Herausgebern, Autoren und Verlag gelungen, „das“ Werk über das Besondere Verwaltungsrecht aktuell zu halten und es nach einer überschaubaren Frist erneut dem Markt zur Verfügung zu stellen. Es stellt sich einzig die Frage, ob das etablierte Große Lehrbuch, dessen weitere Bände in der Neuauflage bereits angekündigt sind und das immer eher als Nachschlagewerk dienen wird, zu der Apostrophierung „Jura auf den Punkt gebracht“ passt. Das mag ein flotter Werbeslogan für Ausbildungsliteratur sein, passt aber wohl nicht mehr für einen Solitär.
Ehlers/Fehling/Pünder (Hrsg.), Besonderes Verwaltungsrecht. Band 1: Öffentliches Wirtschaftsrecht, 4. Aufl., Heidelberg 2019, 1576 S., 220 Euro (ISBN 9783811443440)