Axel Kokemoor legt sein Standardwerk zum Sozialrecht neu auf
Matthias Wiemers
Das Sozialrecht spielt in der universitären Juristenausbildung eine eher untergeordnete Rolle. Meist wird es von Zivilrechtlern unterrichtet, die etwa auch noch Arbeitsrechtler sind, seltener von Öffentlichrechtlern.
Anders als auf universitärer Ebene ist Sozialrecht in allen möglichen Varianten ein Massenfach an den inzwischen nahezu unübersehbar zahlreichen Fachhochschulen, seien sie nun staatlich oder in privater Trägerschaft.
An einer staatlichen Hochschule mit gleichen Fachbereichen mit sozialrechtlichem Bezug, nämlich „Pflege und Gesundheit“ sowie „Sozialwesen“, unterrichtet der Autor des hier vorzustellenden Lehrbuchs, Axel Kokemoor.
Wer selbst schon einmal an deutschen Hochschulen unterrichtet hat, weiß, dass schon an Universitäten die Neigung zur Beschaffung von mehr als einem Buch pro Vorlesung selten vorhanden ist, umso mehr gilt dies für Fachhochschulen. Deshalb muss an einer Fachhochschule umso mehr darüber nachgedacht werden, welches Buch konkret empfohlen werden kann. Der Band von Kokemoor ist hierzu ein gewisser „heißer Kandidat“. Wie komme ich zu dieser Empfehlung?
Zunächst wirkt der Band mit seinen 242 Seiten als für die Studierenden als noch bewältigbar und liegen die Anschaffungskosten bei unter 23 Euro. Abgesehen davon, dass man davon keine zehn Kaffeespezialitäten bei den bekannten angloamerikanischen Coffee-Ketten bestellen kann, ist das Werk auch sonst eine sehr effiziente Lösung. Man muss allerdings bereit sein, intensiv damit – und mit einem Gesetz – zu arbeiten.
Der Band ist in nur fünf Kapitel unterteilt, enthält dafür aber insgesamt 40 Abbildungen und Übersichten und darüber hinaus nicht weniger als 14 eingearbeitete Übungsfälle.
Das erste Kapitel ist einer Einführung in das Sozialrecht gewidmet, das von einer Klärung von Begriff und Aufgaben des Sozialrechts bis hi zu den internationalen Bezügen des Sozialrechts reicht.
Das zweite Kapitel beschäftigt sich mit dem Allgemeinen Teil des Sozialgesetzbuchs – SGB I – und dem zehnten Buch über das Sozialverwaltungsverfahren und den Sozialdatenschutz.
Im dritten Kapitel sind Sozialversicherung und Arbeitsförderung zusammengefasst, mithin die Bücher IV, V, XI, VII, VI, und III. Man kann darin das Bemühen erkennen, der mangelnden logischen Stringenz im Aufbau des Sozialgesetzbuchs (Bitte hierzu unbedingt die Fußnote 77 lesen!) durch einen etwas anderen Aufbau abzuhelfen.
Im vierten Kapitel werden „steuerfinanzierte Sozialleistungen“ behandelt, wobei der Autor hier darauf verzichtet, im Inhaltsverzeichnis auf die entsprechenden Bücher des SGB hinzuweisen, was durchaus damit gerechtfertigt werden kann, dass die hierher gehörenden Leistungen teilweise aus andere Gesetzen fließen, beispielsweise dem BEEG.
Kapitel fünf behandelt schließlich knapp den Rechtsschutz, wobei derjenige vor den (allgemeinen) Verwaltungsgerichten zu Recht nur kurz erwähnt wird.
Der besondere Charakter des Lehrbuchs ist dadurch gekennzeichnet, dass es durchgängig von Fragen und (in Fußnoten gegebenen) Antworten sowie Übungsfällen durchzogen ist, ebenso von permanenten Aufforderungen, vom Autor zitierte Rechtsvorschriften selbst zu lesen. (Hier wird durchaus differenziert zwischen deutlichen Aufforderungen und bloßen Leseempfehlungen). Schließlich gibt der Autor durchgängig Tipps darüber, was sich die Studierenden an Querverweisungen in ihre Gesetzessammlungen hereinschreiben können – sofern dies an der von ihnen besuchten Hochschule für Klausuren nicht als Täuschungsversuch gewertet wird.
Alles in allem haben wir hier ein sehr komprimiertes Lehrbuch vorliegen, das – modern gesprochen –„unpacked“ werden kann und somit eigentlich doppelt so dick sein müsste. Allerdings entsteht diese „unpacked-version“ in den Köpfen der Studierenden. Und genau dort gehört sie hin!
Axel Kokemoor, Sozialrecht. Lernbuch, Strukturen, Übersichten, 9. Aufl., Baden Baden 2020, 242 S., 22,90,-