Liebes Tagebuch,

erwachsen zu werden, darauf wartet manch einer sein Leben lang. Doch wann ist man eigentlich tatsächlich erwachsen? Ja ja, ich weiß, mit 18 Jahren ist man volljährig und gilt zumindest vor dem Gesetz als Erwachsener. Meine Güte, das ist bei mir schon ein ganzes Weilchen her. Als ich 18 wurde, kam ich mir wahnsinnig erwachsen vor und war zutiefst beleidigt, wenn mich Unbekannte für höchstens 16 hielten. Wenn ich mir heute 18-jährige Jungs und Mädels anschaue, dann kommen die mir wie kleine Kinder vor. Wahnsinnig jung und süß und die ganze Zukunft liegt ihnen noch zu Füßen. Ich kann mir dann gar nicht mehr vorstellen, warum ich mir seinerzeit mit 18 Jahren so erwachsen vorkam.

Aber die tollste Errungenschaft des Erreichens der Volljährigkeit ist für mich nach wie vor der heiß ersehnte Führerschein. Jetzt besitze ich meinen Führerschein seit sage und schreibe x Jahren (mein Alter verrate ich dir nicht!) und er hat für mich immer noch nichts von seiner Faszination verloren. Ich freue mich immer noch wie eine 18-jährige, wenn ich in mein Auto steige, um von A nach B zu fahren und nicht auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen bin. Juhuu!! Es lebe der Führerschein! Vielleicht sollte ich künftig anstelle meiner Geburtstage, diese deprimieren mich immer sehr, den Jahrestag meines Führerscheins feiern. Es ist der 9. September, seitdem bin ich ein Stückchen freier, weil ich zumindest theoretisch jederzeit an jeden x-beliebigen Ort fahren könnte.

Merkwürdigerweise dachte ich früher immer, dass mir die Beendigung meines Studiums den gleichen Grad an Zufriedenheit verschaffen würde, vor allem immer, wenn ich bewusst daran denke. Dem ist merkwürdigerweise nicht so. Vielleicht hängt das aber damit zusammen, dass man, wenn man sein Studium beendet, auch tatsächlich erwachsen ist und man in Erwartung des Ernstes des Lebens, welches einem bevorsteht, sich nicht so wirklich freuen kann. Ich weiß es nicht. Theoretisch könnte man sich ja mit dem Beenden des torturreichen Jurastudiums auch auf alle möglichen Jobs an allen möglichen Orten bewerben oder mit dem Referendariat in irgendeiner Stadt beginnen. Das ist doch auch ein Stückchen Freiheit. Dennoch kommt bei mir in Erinnerung an das Ende meines Studiums nicht der gleiche Grad an Freude auf, wie bei dem Gedanken an meinen Führerschein. Andererseits, worüber sollte man sich in der „Generation Praktikum“ eigentlich freuen? Düstere Zukunftsprognosen, schlechte Arbeitsmarktlage, endlos dauernde, schlecht bezahlte oder gar nicht vergütete Praktika, die auf einen warten… Hochschulabsolventen werden oftmals nur noch als billige Arbeitskräfte ausgebeutet… Jetzt ist mir auch klar, warum da keine Freude aufkommt!!

Deine Pinar

Veröffentlicht von on Apr 23rd, 2009 und gespeichert unter LIEBES TAGEBUCH, PINAR. Sie können die Kommentare zu diesem Beitrag via RSS verfolgen RSS 2.0. Sie können eine Antwort durch das Ausfüllen des Kommentarformulars hinterlassen oder von Ihrer Seite einen Trackback senden

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