Mal dicker und mal dünner – 20 Auflagen Öffentliches Wirtschaftsrecht

Der Allgemeine Teil des „Stober/Korte“ erlebt seine 20. Auflage

Matthias Wiemers

Der Rezensent hat Rolf Stober in Münster nicht mehr gehört Dieser befand sich dann, als es für den Verfasser dieser Zeilen um das Wirtschaftsverwaltungsrecht ging, schon auf einer kürzeren Station an der TU Dresden (ab 1992 Gründungsprofessor der damaligen jur. Fakultät). Stober hat an vielen Hochschulen gewirkt und war meistens gründend dort tätig, und immer lag sein Schwerpunkt auf dem Wirtschaftsverwaltungsrecht, das heute eben öffentliches Wirtschaftsrecht heißt. Zuerst hat er hierzu bei Kohlhammer ein zweibändiges Werk verfasst, dann ein großes „Handbuch des Wirtschaftsverwaltungs- und Umweltrechts“ (1989, Ergänzungsband zum Rechtsschutz 1993), das leider später nicht wieder aufgelegt wurde. In Münster konnte man damals auch hierfür Hörerscheine erlangen, aber es dürfte insbesondere den Betriebswirten immer noch zu teuer gewesen sein, um es sich selbst anzuschaffen. Das zweibändige Lehrbuch verkaufte sich besser und schrumpfte dann Anfang der 1990er Jahre auf ein einbändiges Format zusammen. Nach mehreren Auflagen spaltete es sich dann wieder auf. Nunmehr ist der Allgemeine Teil in inzwischen 20. Auflage erschienen. Dies ist nach 2018 die zweite Auflage, die Stober gemeinsam mit seinem Schüler Stefan Korte verfasst hat, der frisch an die Universität Speyer berufen wurde.
Wie sieht nun heute der „Allgemeine Teil“ aus? Er beginnt mit einer Inhaltsübersicht auch über den Besonderen Teil.
In einer Darstellung der „Grundlagen des Öffentlichen Wirtschaftsrechts“ (A.) wird zunächst die Bedeutung des Fachs in Studium, Wissenschaft und Praxis dargelegt und im Grunde eine Unterbelichtung an den Universitäten beklagt. Es folgen einige Hinweise zu den speziellen Studiengängen an Fachhochschulen und eine Betonung der hohen Bedeutung für die Praxis (§ 1).
Sodann wird das Öffentliche Wirtschaftsrecht in das System der Gesamtrechtsordnung eingeordnet (§2), wobei auch Entwicklungsperspektiven aufgezeigt werden. Alles in allem zeigt sich hier, dass es kaum ein wichtigeres Rechtsgebiet für unseren immer detaillierter regulierten Staat und vor allem die dort agierenden Wirtschaftsakteure geben kann. Dann folgt ein kurzer „Blick über den Tellerrand“, indem „intra- und interdisziplinäre Ansätze des Öffentlichen Wirtschaftsrechts“ gezeigt werden (§ 3). Die Autoren blicken hier auf die Wirtschaftswissenschaften, die Rechtspolitik, die Ordnungspolitik und die Verwaltungspolitik. § 4 ist dann einem Blick auf bestehende oder denkbare Wirtschaftssysteme gewidmet.
Es folgt ein Teil B. zum „Wirtschaftsverfassungsrecht“, der nicht nur das GG, sondern auch die Unionsverträge und das Weltwirtschaftsrecht einschließt (§ 5) und vor allem „Wirtschaftssteuerung durch Staats- und Rechtsprinzipien“ wie „Sozialstaatsprinzip“ (§ 6), „Rechtsstaatsprinzip“ (§ 7), Aufgabenverteilungsprinzipien (§ 8), makroökonomische Prinzipien (§ 9) und das „Umweltstaatsprinzip“ (§ 10) umfasst. „Verfassungszuständigkeiten und -funktionen“ werden in einem weiteren Abschnitt zusammengefasst, beginnend mit der Darstellung von Zuständigkeiten auf Ebene der EU-Räte, der Bundesregierung und der Verwaltung (§ 11 bis 13). Es folgt „Das Recht der Binnen- und Außenwirtschaft“ (§§ 14 bis 16), worunter u. a. der EU-Binnenmarkt und das Welthandelsrecht fallen.
Im fünften Abschnitt geht es um den nationalen Grundrechtsschutz privater Wirtschaftstätigkeit (§§ 17 bis 23).
Im sechsten Abschnitt werden „Grund und Grenzen öffentlicher Wirtschaftstätigkeit“ beleuchtet, worin uns die öffentliche Hand als Wirtschaftsakteur entgegentritt (§ 24)
Unter dem Buchstaben C. geht es sodann um „Aufgaben und Mittel der Wirtschaftsverwaltung“. Nach einem Überblick (§ 25) wird zunächst das Thema „Wirtschaftliche Infrastruktur“ behandelt (§ 26), gefolgt von „Wirtschaftsinformation2 (§ 27), „Wirtschaftsplanung“ (§ 28), „Wirtschaftsüberwachung“ (§ 29), „Wirtschaftslenkung“ (§ 30), „Wirtschaftsförderung“ (§ 31) und „Außenwirtschaftsverwaltungshandeln“ (§ 32).
Das „Wirtschaftsverwaltungshandeln“ allgemein bekommt einen eigenen Teil D., worin zunächst „öffentlich-rechtliches und privatrechtliches Wirtschaftsverwaltungshandeln“ unterschieden werden (§ 33), „Gebundenheit und Freiheit der Wirtschaftsverwaltung“ unterschieden werden (§34) und dann ausführlich „Wirtschaftsverwaltungsakte“ (ausgerechnet: § 35) und knapper „Wirtschaftsverwaltungsrechtliche Verträge“ (§ 36), „Wirtschaftsverwaltungsrechtliche Zusagen und schlichtes Verwaltungshandeln“ (§ 37).
Teil E. beinhaltet schließlich „Wirtschaftsverwaltungskontrolle“, was nur aus einem Kapitel (§ 38) besteht.
Ausdifferenzierter ist der letzte Teil F. über „Organisation und Finanzierung der Wirtschaftsverwaltung“. Hier geht es um „Staatliche, unionsrechtliche und internationale Wirtschaftsverwaltung“ (§ 39), „Wirtschaftsverwaltung durch Einschaltung Privater“ (§ 40), „Wirtschaftsverwaltung durch Privatisierung“ (§ 41), die „Kommunale Organisation der Wirtschaftsverwaltung“ (§ 42) und schließlich wesentlich umfangreicher die „Selbstverwaltung der Wirtschaft“ (§ 43). Der Rezensent freut sich darüber, dass das Thema der „Rückvermeisterung“ des Handwerks hier erwähnt wird, nicht aber darüber, dass sein Name in Fußnote 2724 falsch wiedergegeben wird. Die hohe Fußnotenzahl bei insgesamt 404 Textseiten zeigt aber schon an, dass es sich insgesamt um ein gut belegtes Lehrbuch handelt.

Der Leser mag nun nicht jeden Gliederungspunkt und Aufbau des Bandes in jeder Verästelung nachvollziehen können. Gleichwohl spiegelt das Werk einen erfahrungsgesättigten Ansatz der Darstellung wider

Nicht zuletzt soll erwähnt werden, dass Rolf Stober diesen Sommer sein achtes Lebensjahrzehnt vollendet hat. Seine Schaffenskraft scheint ungebrochen. Und so möchte ich abschließend anregen, ob nicht die beiden Autoren des Lehrbuchs noch einmal das Projekt eines Handbuchs ergreifen wollen. Denn hier hat sich heute die Hochschullandschaft doch wesentlich verändert, und es ist eine unübersehbare auch studiengangspezifische Lehrbuchlandschaft entstanden. Verbindendes Werk zur Vertiefung für alle könnte aber ein solches Handbuch sein. Nur Mut!

Rolf Stober/Stefan Korte, Öffentliches Wirtschaftsrecht – Allgemeiner Teil. Grundlagen des deutschen, europäischen und internationalen öffentlichen Wirtschaftsrechts. 20., überarbeitete Auflage, Stuttgart 2023, 420 S., 36 Euro ISBN 978-3-17-042883-6

Veröffentlicht von on Okt 2nd, 2023 und gespeichert unter BESPRECHUNGEN, LITERATUR. Sie können die Kommentare zu diesem Beitrag via RSS verfolgen RSS 2.0. Gehen Sie bis zum Ende des Beitrges und hinterlassen Sie einen Kommentar. Pings sind zur Zeit nicht erlaubt.

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