Laurenti vor der Rente

Lässt Veit Heinichen seinen Commissario zum letzten Mal ermitteln?

Matthias Wiemers

Als wir im letzten August wie immer zu kurz in Triest waren, stand sie vor der Küste: die angeblich größte Yacht der Welt, die wegen des Ukraine-Kriegs von der EU beschlagnahmt worden war und für die der zufällig betroffene Mitgliedstaat Italien jährlich etwa 9 Millionen Euro zahlen musste. Das hässliche graue Stahlgebilde erinnerte nur entfernt an den Fliegenden Holländer Richard Wagners, mehr aber an die Existenz des Bösen in der Welt. Sogleich war klar: Veit Heinichen, Triester Krimiautor mit schwäbischer Abstammung würde – so er noch einmal zur Feder griff, an diesem Artefakt nicht vorübergehen können. Und nun ist rechtzeitig zum Beginn der Feriensaison noch einmal ein Roman mit dem Vicequestore und Commissario Proteo Laurenti erschienen (bei Donna Leon sind dies – die Venedig-Fans unter den TV-Zuschauern werden es wissen – immer zwei unterschiedliche Personen gewesen). Eines der Ereignisse in diesem Roman, der wohl im Jahre 2023 spielt, ist ein Pensionierungsbescheid, der allerdings inhaltlich nicht näher erläutert wird, allerdings bei Familie und Kollegen Nachfragen und Diskussionen auslöst. Ein recht früh eigentlich klarer Fall über einen alten Strippenzieher und viele kleine Ganoven, die allerdings auch vor Mord nicht zurückschrecken, Pläne der Ehefrau des Kommissars, von der Küsten in die Innenstadt zu ziehen und ein Finale vor der Gran Malabar, von der Kenner wissen, dass sie nicht nur das zweite Büro von Proteo Laurenti ist, sondern offenbar auch das Wohnzimmer von Veit Heinichen, deuten darauf hin, dass dies tatsächlich der letzte Krimi mit dem Protagonisten Laurenti ist. Aber der Autor hat ja schon 2019 mit der bislang im ländlichen Umfeld Triests tätigen Xenia Zannier eine Protagonistin geschaffen, die wohl noch 20 Jahre tätig sein kann. Im aktuellen „Beifang“ wird eine weibliche Nachfolge des Commissarios bereits angedeutet.
Auch in diesem Roman gelingt es Heinichen wieder, aktuelle Entwicklungen der letzten Jahre im Raum Triest zu beschreiben, darunter etwa den Immobilienboom und die zusätzlich entfalteten Aktivitäten des italienischen Staates, Fassadensanierungen und energetische Effizienzmaßnahmen mit horrenden Unterstützungsmaßnahmen zu fördern – mit allen Begleiterscheinungen wie steigender Preise und halblegal tätigen Akteuren.
Und ja: Das teuflische Schiff kommt auch drin vor. Aber lassen Sie sich überraschen!

Veit Heinichen
Beifang. Commissario Laurenti hat noch einiges zu tun
Piper Verlag, 1. Aufl. 2024
304 Seiten; 22 Euro
ISBN: 9783492070638

Veröffentlicht von on Aug 5th, 2024 und gespeichert unter BESPRECHUNGEN, LITERATUR. Sie können die Kommentare zu diesem Beitrag via RSS verfolgen RSS 2.0. Gehen Sie bis zum Ende des Beitrges und hinterlassen Sie einen Kommentar. Pings sind zur Zeit nicht erlaubt.

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