Denn er war Hausverwalter

Scheiben Spezial: Vor 50 Jahren erschien der Song „Mein Gott, Walther“ von Mike Krüger

Thomas Claer

Minimalismus in der Musik (und nicht nur dort) ist ein durchaus ambitioniertes Unterfangen. Nur ganz sparsam werden die Mittel eingesetzt, aber sie müssen sitzen. Wenn es gelingt, dann steht am Ende ein Song wie „Da Da Da“ oder das Techno-Stück von Westbam, das aus nur zwei Noten besteht. Ein ikonischer Minimal-Gitarrensong, der mit lediglich zwei Akkorden auskam, erschien 1975, vor 50 Jahren, mit dem Titel „Mein Gott, Walther“ – komponiert, getextet, gespielt und gesungen vom damals gerade erst 24-jährigen Mike Krüger, der seine späteren Karrieren als Fernseh-Moderator, Film-Schauspieler und zuletzt sogar Podcast-Betreiber (gemeinsam mit seinem alten Kumpel Thomas Cottschalk) seinerzeit allesamt noch vor sich hatte und sich zunächst auf seine ursprüngliche Passion als Blödel-Barde beschränkte. Es wird leicht übersehen, dass hier ein wirklich guter Musiker am Werk war, der es jedoch angesichts seiner sonstigen Erfolge im Showbusiness schon bald nicht mehr nötig hatte, sich noch wie in seinen Anfangsjahren als humoristischer Liedermacher zu verdingen.

Krügers erster großer Hit war zugleich auch der beste Song aus seiner Feder, musikalisch wie textlich. „Mein Gott, Walther“ erzählt die Geschichte eines ob seiner Ungeschicktheit und seines vielfach erratischen Wirkens oftmals verspotteteten Hausverwalters, der jedoch seine Rolle unverdrossen und mit stoischer Gelassenheit bis zuletzt ausfüllt:

Walther hatte es nicht eilig,
arbeitete ja im selben Haus.
Und wenn er mal keine Lust hatte,
dann fiel die Arbeit eben aus.
Das machte auch nichts,
denn er war Hausverwalter.
Und wenn die ander’n wieder ihn sah’n,
meinten sie nur: Mein Gott, Walther.

Für Wohnungseigentümer, die sich ja nicht selten mit untätigen Hausverwaltern herumschlagen müssen, ist es eine aufschlussreiche Erkenntnis, dass es bereits vor einem halben Jahrhundert offenbar ganz ähnlich zugegangen ist wie heute. Und man kann sogar froh sein, wenn heutige Hausverwalter wenigstens nicht noch selbst Schäden am Wohneigentum verursachen, wie es jener von Mike Krüger besungene Vertreter seiner Zunft mit seinen unkontrollierten Aktionen getan hat:

Walther wollte und ließ das Haus in Ordnung versetzen.
Und machte einer was kaputt,
muss er den Schaden ersetzen.
Meist mußte Walther dies tun
wie gestern den Feuerlöscherhalter.
Als er’s beichtete, sagte Marie: Mein Gott, Walther.

Denn da hatte Walther im Flur Rauch entdeckt
und sofort erkannt,
dass nur ein Feuer dahintersteckt.
Laut „Feuer, Feuer“ rufend
riss er den Löscher von der Wand,
natürlich mit Halter.
Und alle, die ihn sah’n, meinten nur: Mein Gott, Walther.

Doch solche Blödelei’n ignorierte er nur
und rannte mit dem Löscher hinaus auf den Flur.
Doch dort staubten nur die von ihm bestellten Gipser und Kalker,
und als sie ihn sah’n: … Mein Gott, Walther.

Wie Mike Krüger auf diesen Text gekommen ist, liegt auf der Hand, denn laut Wikipedia-Eintrag absolvierte er nach seinem Abitur zuerst eine Lehre als Betonbauer und begann anschließend ein Architektur-Studium, das er aber wegen seiner besagten anderweitigen Verpflichtungen nicht zum Abschluss brachte. Bereits in früher Jugend hatte er sich für die Bauten des Architekten Richard Neutra begeistert. Mike Krügers Vater Friedrich W. Krüger war übrigens Prokurist der Norddeutschen Treuhandgesellschaft und später Direktor des Hamburger Bauträgers Bewobau.

Veröffentlicht von on Dez. 22nd, 2025 und gespeichert unter SCHEIBEN VOR GERICHT. Sie können die Kommentare zu diesem Beitrag via RSS verfolgen RSS 2.0. Gehen Sie bis zum Ende des Beitrges und hinterlassen Sie einen Kommentar. Pings sind zur Zeit nicht erlaubt.

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