Repetitorien im Test, Teil 2: Hemmer
Christian Meier
Das Hemmer-Repetitorium wurde 1976 gegründet und ist heute einer der Marktführer der juristischen Repetitorien in Deutschland. Hemmer ist nach einem franchiseähnlichen System bundesweit organisiert und in vielen Universitätsstädten vertreten. Darunter auch an meiner Universität in Trier.
In Vorlesungssälen, Mensa und in der Bibliothek, eben dort wo sich Studenten gewöhnlich aufhalten, finden sich Werbeflyer von Hemmer, wodurch auch ich auf das kommerzielle Repetitorium aufmerksam wurde. Am Anfang meiner Examensvorbereitung musste ich zunächst damit beginnen, mir einen Überblick über den Stoff zu verschaffen, den man beherrschen muss. Dabei ist im ewigen Kampf gegen das Vergessen viel verloren gegangen oder man hat den Stoff schon zu Beginn prokrastiniert. Ab hier fühlt man sich als Student zunehmend alleine gelassen. Ich persönlich war aber dennoch eher skeptisch gegenüber kommerziellen Repetitorien. „Warum bezahlen?“, dachte ich. Ausschlaggebender Faktor waren wohl meine Kommilitonen, die mich überzeugt hatten zumindest einmal die kostenlose Einführungsveranstaltung zu besuchen. Hier erschienen knapp hundert Interessierte und ich dachte zum ersten Mal, dass mir vielleicht doch etwas entgeht. So viele Studenten können sich doch nicht irren. Damit, dass 90% der Jurastudenten private Repetitorien nutzen, wirbt Hemmer auch gezielt. Der Gruppenzwang, gepaart mit der Angst etwas zu verpassen und dem Zeitmangel lange abzuwägen, bewegten mich schnell zur Anmeldung für einen monatlichen Preis von 150 €. Für die Dauer eines Jahres werden nun wöchentliche Veranstaltungen geboten, inklusive der Möglichkeit jede Woche eine Probeklausur zur Korrektur einzureichen, die von einem Volljuristen korrigiert wird.
Bis zu drei Mal in der Woche hat man zusammen mit knapp sechzig anderen Jurastudenten Veranstaltungen, ähnlich einer kleinen Vorlesung. Häufig gibt es auch Sondertermine für Nebengebiete wie etwa Erbrecht an den Wochenenden. Die Besprechung der Probeklausuren findet gesondert statt. In den Veranstaltungen wird überwiegend anhand von Fällen gearbeitet, wobei der Repetitor die Studenten bei der Falllösung zur aktiven Mitarbeit anregt, was eine willkommene Abwechslung zur dem didaktischen Modell der Vorlesung ist. Das Arbeitstempo ist jedoch außerordentlich schnell. Mit gründlicher Vor- und Nachbereitung war ich oft überfordert. Zwar könnte ohne dieses Tempo der Prüfungsstoff nicht abgedeckt werden, dennoch machte es dies manchmal sehr anstrengend, dem Fall noch zu folgen. „Sich-berieseln-Lassen“ scheidet mithin aus. Ohne aktive Mitarbeit verliert man nach kurzer Zeit den Anschluss.
Die Repetitoren selbst sind durchweg sehr kompetent und engagiert. Für Fragen stehen sie jederzeit zur Verfügung und können diese auch immer beantworten. Sie sprechen auch die Relevanz der einzelnen Themengebiete an und helfen somit die Themengebiete zu priorisieren und schaffen es generell gut, den Studenten bei der Planung der Examensvorbereitung an die Hand zu nehmen. Einen gänzlich anderen Eindruck vermittelten mir leider die kooperierenden Volljuristen, welche die Probeklausuren korrigierten und oft deren Besprechung leiteten. Mit Fragen waren diese meist überfordert und lasen dabei oft auch nur die Lösungsskizze vor.
Das Kursmaterial, also die Unterlagen zu den einzelnen Fällen und darüber hinaus Skripte werden von zwei Kurshelfern verwaltet und ausgeteilt. Diese sind aber keine Angestellten von Hemmer, sondern auch Jurastudenten, die lediglich von der Kursgebühr befreit werden, wenn sie die Stelle als Kurshelfer antreten. Eine win-win Situation möchte man meinen. Leider kam es aber öfter vor, dass Kursunterlagen unbewusst nicht vollständig ausgeteilt wurden oder fehlerhaft kopiert waren. Für mich war es immer äußerst ärgerlich, bei der Nachbereitung festzustellen, dass einzelne Seiten fehlten. Anstatt riesiger unvollständiger Blätterberge hätte ich mir hier die Möglichkeit von digitalen Downloads gewünscht, wie es auch an der Uni üblich ist. Insofern ist Hemmer meines Erachtens rückständig.
Die Materialien selbst sind mal besser und mal schlechter gelungen. Hemmer-Methode und Hemmer-Tipps, die sich in den Unterlagen immer wieder finden, wie auch Seneca Zitate wie: „Wer den Hafen nicht kennt, für den ist kein Wind günstig“ sind wohl Geschmackssache.
Im Großen und Ganzen habe ich die Anmeldung aber nicht bereut. Die Kursteilnahme ermöglicht einen guten Überblick über den Prüfungsstoff des Ersten Staatsexamens zu bekommen, was sich alleine wesentlich schwieriger erarbeiten lässt. Dennoch sollte man sich nicht ausschließlich auf die Hemmer-Unterlagen verlassen und gängige Lehrbücher zu Hilfe nehmen. Zwingend notwendig für eine gute Vorbereitung ist das Repetitorium auch nicht. Den Großteil der Arbeit muss man immer noch selbst leisten. Hier kann der beste Repetitor nicht helfen.