Erst kommen die Schmerzen…

Das große Handbuch „Schmerzensgeld“ von Jaeger und Luckey in 10. Auflage

Rüdiger Rath

Das Schmerzensgeld ist im deutschen Recht von alters her anerkannt als ein Anspruch auf Schadensersatz zum Ausgleich für immaterielle Schäden, d. h. Schäden nicht vermögensrechtlicher Art. Neben Körperschäden sollen alle Unannehmlichkeiten, seelischen Belastungen und sonstigen Unwohlgefühle wiedergutgemacht werden, die mit einer erlittenen Verletzung am Körper einhergehen. In diesem Zusammenhang spricht man auch vom Ersatz des immateriellen Unbills. Ein Anspruch auf Schmerzensgeld ist danach grundsätzlich gegeben bei Verletzung des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung im Sinne von § 823 BGB sowie in den weiteren gesetzlich ausdrücklich bestimmten Fällen (vor allem § 253 BGB, daneben beispielsweise vertane Urlaubszeit, § 651f BGB, oder wegen eines Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz, § 15 und § 21 AGG). Die Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts findet sich zwar nicht ausdrücklich als mögliche Voraussetzung für einen Anspruch auf Schmerzensgeld im Gesetz. Die Rechtsprechung hat jedoch einen Anspruch auf eine immaterielle Entschädigung bei Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts angenommen.

Dem Grunde nach ist beim Schmerzensgeld also oftmals alles klar, allein über dessen Höhe schweigt das Gesetz. Und hier kommen die einschlägigen Gerichtsentscheidungen ins Spiel. Die Vergleichbarkeit einzelner Sachverhalte ist jedoch schwierig, denn jeder Einzelfall weist eine Vielzahl individueller Besonderheiten auf. Immerhin eine Vielzahl solcher Einzelfälle sowie einen ausführlichen Kommentarteil zu allen relevanten Fragen des Schmerzensgeldes beinhaltet das große dicke Handbuch „Schmerzensgeld“ von Jaeger und Luckey, das kürzlich bereits in 10. Auflage erschienen ist. Ebenfalls enthält es umfassende Kommentierungen zur Regulierung von Schmerzensgeldansprüchen bzw. zur Durchsetzung gerichtlicher und außergerichtlicher Ansprüche. Neu in der zehnten Auflage ist eine aktualisierte Schmerzensgeldentscheidungstabelle mit Stand Juli 2019. Sie kann als ungefähre, jedoch nicht verbindliche Richtschnur für die jeweilige Schmerzensgeldhöhe dienen.
Von großem Nutzen für den Anwender dieses Werkes sind insbesondere die Darstellung spezifischer Bemessungskriterien und Verletzungsarten für die erfolgreiche Geltendmachung von Ansprüchen sowie die Auswahl der richtigen Präjudizien, Checklisten und tabellarische Übersichten zu den Themen „Verkehrsunfall“ und „Arzthaftung“. Hinzu kommen einschlägige Formulierungsvorschläge und Praxistipps.
Und wie sehr es sich auch im deutschen Recht lohnen kann, zum Ausgleich erlittener seelischer Qualen ein Schmerzensgeld zu erstreiten, mag dieser prominente Fall verdeutlichen: Dem früher enorm populären Ex-Wetterberichts- und Talkshow-Moderator Jörg Kachelmann – die Älteren unter uns werden sich noch an ihn erinnern –wurde in zwei Verfahren vor dem Landgericht Köln wegen der Annahme einer schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung durch die Berichterstattung der Boulevard-Presse über ihn ein Schmerzensgeld in Höhe von insgesamt 635.000 € zugesprochen. Allerdings wurde der Betrag in der Berufung 2016 durch das Oberlandesgericht Köln noch auf 395.000 Euro reduziert. Aber auch das ist noch eine stattliche Summe…

Jaeger / Luckey
Schmerzensgeld: Systematische Erläuterungen, Schmerzensgeldtabelle, Muster und Sterbetafeln, Medizinisches Lexikon
Lucherhand Verlag/Wolters Kluwer, 10. Auflage 2019
149,00 Euro
ISBN: 978-3-472-09581-1

Veröffentlicht von on Apr 20th, 2020 und gespeichert unter BESPRECHUNGEN, LITERATUR. Sie können die Kommentare zu diesem Beitrag via RSS verfolgen RSS 2.0. Gehen Sie bis zum Ende des Beitrges und hinterlassen Sie einen Kommentar. Pings sind zur Zeit nicht erlaubt.

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