Deutsche Juristenbiographien, Teil 36: Karl August Fürst von Hardenberg (1750-1822)
Matthias Wiemers
Die „Stein-Hardenbergischen Reformen“ sind uns bis heute ein Begriff – auch wenn wir nicht immer wissen, worin sie bestanden und wenn wir vor allem vom Fürsten Hadenberg nicht immer so viel wissen. Dieser wird 1750 als Sohn eines Obersten in der Nähe von Braunschweig geboren. Wenig später geht vom Onkel Hardenbergs das Stammgut der Hardenbergs in der Nähe von Hannover auf Hardenbergs Vater über. Bereits im Jahre 1766 schreibt er sich an der Hannoverschen Landesuniversität Göttingen für das Studium der Rechte ein und wechselt nach vier Semestern nach Leipzig. Dort interessiert sich Hardenberg aber auch bereits für Kameralwissenschaften und Staatsverwaltung, bleibt also nicht auf die Ausbildung zu einem Justizjuristen beschränkt. Nach nur einem Jahr geht es zurück nach Göttingen, wo Hardenberg ein Schüler des berühmten Staatsrechtslehrers Johann Stephan Pütter wird. Nach dem Sommersemester 1770, also nach acht Semestern, erklärt Hardenberg seine Studien für beendet. Als Freiherrn war es ihm möglich, auf die Ablegung von Examensprüfungen zu verzichten, weil er auch so auf eine angemessene Anstellung hoffen konnte. Der Vater besorgt ihm eine unbezahlte Stelle als Auditor in der Justizkanzlei des Kurfürsten von Hannover, in heutiger Sprache eine Stelle als Gerichtsreferendar. Nach einem halben Jahr erfolgt die Versetzung in die Finanzverwaltung des Kurfürstentums – auch dies nur durch Beziehungen des Vaters, der inzwischen Feldmarschall geworden ist. Nach einjähriger Unterbrechung durch eine „Kavaliersreise“ durch das Reich, darunter das Reichskammergericht in Wetzlar und der Reichstag in Regensburg, setzt Hardenberg im heimischen Hannover fort. Am Ende der Reise besucht Hardenberg auch seinen Landesherrn in London, der dort als Georg III. auf dem englischen Thron sitzt. Bei Rückkehr nach Hannover Ende 1773 liegt bereits die Ernennung zum Kammerrat in der Finanzverwaltung vor, und Hardenberg heiratet bald darauf zum ersten Mal. 1780 verfaßt Hardenberg eine erste Denkschrift zur Reform der Verwaltung im Kurfürstentum und geht im Folgejahr nach London, um den König auf seine Reformpläne aufmerksam zu machen – vergeblich. 1782 wird Hardenberg dann Minister im benachbarten Braunschweig-Wolfenbüttel. Nach Scheidung erneute Heirat. 1791 erfolgt der Wechsel in die Dienste Preußens. Hardenberg wird Minister für Ansbach-Bayreuth und zieht nach Ansbach. Ab 1794 erhält er das direkte Vortragsrecht bei König Friedrich Wilhelm II. Reformen, die er schon vorher in Hannover vorgeschlagen hatte, konnte Hardenberg im zu Prueßen gehörenden Teil von Franken durchführen: die Einteilung von Ansbach-Bayreuth in Kreise und die Trennung von Verwaltung und Justiz.
Allmählich gerät Hardenberg auch in die preußische Außenpolitik. Ab 1798 ist sein Dienstsitz Berlin, und er wird 1804 für kurze Zeit Außenminister. 1807 wird Hardenberg, inzwischen in Berlin, Erster Kabinettsminister in Preußen und heiratet zum dritten Mal. Es ist die Zeit der Niederlage Preußens gegen Napoleon und des Friedens von Tilsit. Hardenberg, der nunmehr mit der Ausarbeitung und Umsetzung von Reformen des preußischen Staates befasst ist, wird 1810 Staatskanzler. Neben der Befreiung der Bauern, die nun erstmals selbst Untertanen des Königs werden und auch selbst Eigentum erwerben können, kann hier eine 1812 eingeführte allgemeine Einkommensteuer genannt werden. Auch Reformen in Richtung auf eine Änderung der Mitbestimmung weiterer Bevölkerungskreise im Staat werden vorgenommen, allerdings wütet auch in Preußen nach endgültiger Niederwerfung Napoleons nach 1815 die Restauration.
Am 26. November 1822 stirbt Staatskanzler Hardenberg auf einer Auslandsreise in Genua.
Quelle: Ingo Hermann, Hardenberg. Der Reformkanzler, Berlin 2003