Runde Sache

Die Pixies überzeugen auf ihrer neuen Platte „Doggerel“ 

Thomas Claer 

Wieder ein neues Album von den Pixies? Da kann einen schon mal ein mulmiges Gefühl beschleichen. Schließlich haben sie vor drei Jahren auf ihrem Vorgänger „Beneath the Eyrie“ streckenweise arg enttäuscht. Würden sie, die Indie-Gitarrenrock-Supergruppe aus den späten Achtzigern, nun weiter ihr eigenes Denkmal demontieren? Doch kann hier Entwarnung gegeben werden: „Doggerel“, was so viel wie „Schimpfwörter“ bedeutet, kann rundweg überzeugen. Allenfalls ließe sich bemängeln, dass sich diesmal kein epochaler Über-Song auf der Platte befindet, wie es „St. Nazaire“ auf dem ansonsten durchwachsenen vorigen oder „Baal’s Back“ auf dem vorvorigen Album gewesen waren. Doch dafür besticht „Doggerel“ durch Konstanz und Abgeklärtheit. Kein einziger schwächerer Song ist dabei. Alle gehen sie beim spätestens dritten Abspielen ins Ohr und sind auch, was sonst keineswegs immer kennzeichnend für die Musik der Pixies gewesen ist, bemerkenswert homogen. Sie sind weniger laut als früher (wirklich leise nun aber auch nicht gerade), nicht mehr ganz so schnell und wirken durchgängig sehr entspannt. Was außerdem besonders erfreut: Fast alle ihre Melodien durchzieht ein leichter Anflug von Melancholie, aber nur ganz beiläufig, nur in Spurenelementen, was sehr angenehm zu hören ist. Es fällt schwer, einzelne dieser Lieder hervorzuheben, weil sie eigentlich alle ähnlich gut gelungen sind. Besonders empfehlenswert sind beispielsweise „There’s a Moon on“ oder „Who’s More Sorrow Now?“.

Nun ist „Doggerel“ bereits das achte Album der Pixies, und wenn man ihre Debüt-Mini-LP „Come on Pilgrim“ von 1987 mitrechnet, sogar schon das neunte. Vier davon, also quasi die Hälfte, haben sie seit ihrer Comeback-Platte „Indie Cindy“ (2014) ihrem fulminanten Frühwerk (1987-1991) noch hinzugefügt. Damals, bis 1991, haben Bandleader Black Francis und die damalige Bassistin Kim Deal noch alle Songs gemeinsam geschrieben, was bekanntlich immer wieder zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen beiden geführt hatte. Schon während der Aufnahmen zu „Indie Cindy“ waren die alten Streitereien wieder ausgebrochen und haben Kim Deal dann zum endgültigen Ausstieg aus dem Bandprojekt veranlasst. (Oder die anderen haben sie rausgeschmissen, das lässt sich nicht mehr eindeutig feststellen.) Bald darauf stieß die deutlich jüngere Paz Lenchantin als Ersatz für Kim Deal zur Formation, und fortan nahm Black Francis das Songwriting allein in die Hand. Man kann wohl sagen, dass er dabei gerade wieder einen ziemlich guten Lauf hat. Das Urteil für „Doggerel“ lautet: voll befriedigend (12 Punkte).

Pixies
Doggerel
Bmg Rights Management (Warner)
ASIN: B0B3GBJKY8

Veröffentlicht von on Dez 12th, 2022 und gespeichert unter SCHEIBEN VOR GERICHT. Sie können die Kommentare zu diesem Beitrag via RSS verfolgen RSS 2.0. Gehen Sie bis zum Ende des Beitrges und hinterlassen Sie einen Kommentar. Pings sind zur Zeit nicht erlaubt.

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