Knallhärter

Recht cineastisch, Teil 42: “Sonne und Beton” von David Wnendt

Thomas Claer

Wer sich mal so richtig gruseln will, der sollte sich unbedingt “Sonne und Beton” ansehen, den neuen Film von Regisseur David Wnendt, der sich u.a. mit “Kriegerin” (2011), einer ausgezeichneten Milieustudie über die deutsche Neonazi-Szene, einen Namen gemacht hat. Nun widmet er sich kriminellen pubertierenden Heranwachsenden in Berlin-Neukölln kurz nach dem Millennium in der Literaturverfilmung “Sonne und Beton” nach dem autobiographischen Roman von Felix Lobrecht. Darin geht es ähnlich schockierend zu wie in Detlev Bucks “Knallhart” (2007) – und manchmal sogar noch etwas härter. Das war die Zeit, die frühen und mittleren Nullerjahre, als in Neuköllner Problemschulen der Sicherheitsdienst jeden Schüler zuerst nach Waffen durchsuchte, bevor ihm Einlass ins Schulgebäude gewährt wurde. Und die Klassen-Rowdys warfen dann auch gerne mal mit Schulbänken nach ihren Mitschülern oder gleich nach dem Lehrer. “Der Klügere gibt nach”, hört Lukas (Levy Rico Arcos) immer wieder von seinem Vater, doch sein älterer Bruder weiß es besser: “Der Klügere tritt nach”. Sehr eindringlich schildert der Film die verzweifelte Lage der jungen Menschen in einer von Bandengewalt, Rücksichtslosigleit und Verwahrlosung geprägten Umgebung, in der nur das Recht des Stärkeren zählt. Wer sich dort behaupten will, dem bleibt nicht viel anderes übrig, als früher oder später selbst auf die schiefe Bahn zu geraten.

Mittlerweile hat sich zum Glück vieles in Neukölln zum Besseren gewendet. Dank intensiver Sozialarbeit ist die eine oder andere Problemschule sogar zur Vorzeigeschule geworden. Doch gänzlich verschwunden sind die problematischen Strukturen trotz signifikanter Gentrifizierungstendenzen in mehreren Ecken des Bezirks noch lange nicht, was jüngst auch die Ereignisse der Neuköllner Silvesternacht gezeigt haben…

Sonne und Beton
Deutschland 2023
Länge: 119 Minuten
FSK: 12
Regie: David Wnendt
Drehbuch: David Wnendt, Felix Lobrecht
Darsteller: Levy Rico Arcos, Vincent Wiemer, Rafael Luis Klein-Hessling, Aaron Maldonado Morales u.v.a.

Veröffentlicht von on Apr 24th, 2023 und gespeichert unter DRUM HERUM, RECHT CINEASTISCH. Sie können die Kommentare zu diesem Beitrag via RSS verfolgen RSS 2.0. Gehen Sie bis zum Ende des Beitrges und hinterlassen Sie einen Kommentar. Pings sind zur Zeit nicht erlaubt.

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