Zwei Welten treffen aufeinander

Silke Jandt, Roland Steidle und Kollegen widmen sich „Datenschutz und Internet“

Matthias Wiemers

Das hier vorzustellende Werk erscheint nun schon in der zweiten Auflage, und zwar in einer Zeit, in der die EU-Kommission ihre „Datenstrategie“ abspult und in Vorschläge zu Rechtsakten übersetzt, die die übrigen Beteiligten am Gesetzgebungsprozess beschließen. Und dabei wird die Verwirklichung der Strategie der Errichtung eines digitalen Binnenmarkts zumindest partiell von internationalen Entwicklungen im Bereich der Außenhandels- und Zollpolitik überholt – so scheint es zumindest. Und das hier angedeutete Unbehagen teilen offenbar auch die Herausgeber, die in einem nicht weniger als dreieinhalb Seiten umfassenden Vorwort erklären, warum sie mit der Neuauflage gerade jetzt auf den Markt kommen. Die Erstauflage stammte übrigens von 2018 und darf als Reaktion auf die EU-Datenschutz-Grundverordnung gesehen werden, die noch vor der besagten Datenstrategie erlassen wurde. Allein schon deshalb war eine Neubearbeitung notwendig – auch wenn sicher bei diesem Werk in besonderer Weise die Frage aufkam: Machen wir das jetzt oder warten wir noch?

Das Werk, das gegenüber der Vorauflage erheblich an Umfang gewonnen hat, ist in zehn Kapitel unterteilt. Im ersten Kapitel über „Grundlagen des Internets“ (I.) bringt die Mitherausgeberin Jandt einen schönen Überblick. Jens Ambrock, der abschnittsweise von Silke Jandt unterstützt wird, liefert „Verfassungs- und europarechtliche Grundlagen“ (II.), wobei er gleich zu Beginn zu recht feststellt, mit der Einführung der DSGVOÖ habe sich im Datenschutz das „Kräfteverhältnis“ zwischen Europarecht und nationalem Recht verschoben. Wohl wahr – obwohl sich doch gerade in Lehrveranstaltungen immer so schön auf das Volkszählungsurteil und die weise Voraussicht der sicher nicht besonders technikaffinen BVerfG-Richter hinweisen ließ.
Roland Steidle, Thomas Wilmer, Silke Jandt, Henry Krasemann und Ubbo Aßmus zeigen die unterschiedlichen Möglichkeiten der „Verarbeitung personenbezogener Daten nach der Datenschutz-Grundverordnung“ (III.) auf. Das Telekommunikation-Digitale-Dienste-Datenschutz-Gesetz ist nicht nur ein (aktuelles) Unwort, sondern auch das Thema von Tobias Stadler, Hendrik Skistims und Silke Jandt (IV).
„Internetspezifische Datenverarbeitungen“ (V.) – gewissermaßen der Kern des kleinen Handbuchs, werden von Henry Krasemann, Silke Jandt, Moritz Karg, Roland Steidler, Hendrik Skistims, Ubbo Aßmus, Anna Prokutnev, Tim Bagger von Grafenstein, Louisa Endrös, Sophie Victoria Knebel, Stefanie Wegener und Philip Richter rechtlich bewertet.
„Technischer und organisatorischer Datenschutz“ (VI.) ist das Thema von Philipp Richter, Annika Selzer und Volker Hammer.
Annika Selzer und Felix Hermonies zeigen die „Rechte der Betroffenen“ (VII.) auf, die vom „Rechtsschutz für Betroffene“ (VIII.) ergänzt werden, die Christian Geminn beschreibt. Henning Dehnert zeigt die „Zusammenarbeit der europäischen Aufsichtsbehörden bei grenzüberschreitenden Verarbeitungen“ (IX.) und Jens Ambrock die möglichen „Sanktionen“ (X.)
Wenn sich nun fragt, wer diese unzähligen Bearbeiter sind, die teilweise gemeinsam Kapitel oder einzelne Abschnitte darin auch in unterschiedlicher Kombination bearbeitet haben, so findet man, dass es in der Hauptsache Anwälte sind, daneben Mitarbeiter von Datenschutzbehörden und zwei Professoren von der Hochschule Darmstadt. Das Gemeinschaftswerk überzeugt vor allem, weil es die neueste Gesetzgebung verarbeitet hat. Gewiss ist hier allerdings nur, dass es bis zur dritten Auflage keine sieben Jahre dauern kann.
Ob dies auch „gut so“ ist, hängt maßgeblich davon ab, welche Wege die (europäische) Gesetzgebung in den nächsten Monaten einschlagen wird.

Jandt / Steidle (Hrsg.)
Datenschutz und Internet
Nomos Verlag, 2. Auflage 2025
774 Seiten; 99,00 Euro
ISBN: 978-3-7560-1302-9

Veröffentlicht von on Apr. 14th, 2025 und gespeichert unter BESPRECHUNGEN, LITERATUR. Sie können die Kommentare zu diesem Beitrag via RSS verfolgen RSS 2.0. Gehen Sie bis zum Ende des Beitrges und hinterlassen Sie einen Kommentar. Pings sind zur Zeit nicht erlaubt.

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