Umweltforschung im Welterbe

Wahlstation am Umweltbundesamt in Dessau-Roßlau

Christoph Mayer

Nachdem das Umweltrecht infolge der allgemeinen Einsicht in die Notwendigkeit verstärkter rechtlicher Umweltschutzbemühungen und aufgrund seines Charakters als Entwicklungsmotor des allgemeinen und besonderen Verwaltungsrechts seit Ende der 1990er-Jahre flächendeckend Eingang in die universitäre Schwerpunktbereichsausbildung gefunden hat, finden sich heute vielfach auch im juristischen Vorbereitungsdienst umweltrechtlich ausgerichtete Schwerpunktbereiche. Die Auswahl an Ausbildungsstellen für eine entsprechende Wahlstation ist jedoch überschaubar. Wer sich in seiner Wahlstation zudem nicht allein auf den Vollzug umweltrechtlicher Normen beschränken will, sondern an zeitgemäßer interdisziplinärer Umweltforschung Interesse hat, muss noch länger suchen. Fündig wird er/sie im Umweltbundesamt (UBA)!
Das UBA, dessen Tätigkeit als zentrale deutsche Umweltbehörde unter dem Leitspruch Für Mensch und Umwelt steht, ist eine obere Bundesbehörde im Geschäftsbereich des BMU mit Dienstsitz in Dessau-Roßlau sowie Außenstellen u. a. in Berlin (Emissionshandelsstelle). Zu den wesentlichen Aufgaben des UBA gehören die wissenschaftliche Unterstützung der Bundesregierung, der Vollzug von Umweltgesetzen und die Information der Öffentlichkeit über Umweltschutz.
Meine Wahlstation verbrachte ich von Januar bis März 2013 im Fachgebiet (FG) I 1.3 Rechtswissenschaftliche Umweltfragen. Dieses beschäftigt sich mit rechtswissenschaftlichen Grundsatzfragen des Umweltschutzes (z. B. Verbandsklage, Umwelthaftung, Umweltinformationsrechte), entwickelt das umweltrechtliche Instrumentarium fort, wirkt bei der Vorbereitung umweltrechtlicher Vorschriften sämtlicher Normebenen mit, erarbeitet z. B. Vorschläge zur Weiterentwicklung umweltrelevanter Zulassungsverfahren sowie zum Energie- und Klimaschutzrecht, entwickelt ein Recht des Ressourcenschutzes und – als einzige Vollzugsaufgabe – anerkennt Umweltvereinigungen nach dem UmwRG.
Aufgrund des unkomplizierten Bewerbungsverfahrens, der Einführung durch meinen Stationsausbilder und des sehr kollegialen Arbeitsumfelds fiel mir der Einstieg in meine Wahlstation nicht schwer. Mein Büro in dem 2005 eingeweihten und unter ökologischen Gesichtspunkten richtungsweisenden futuristischen Neubau, in dem die Baumaterialien Glas und Holz sowie die Farbwahl eine angenehme Arbeitsatmosphäre schaffen, teilte ich mir mit einer weiteren FG-Referendarin. Aufkommende Fragen ließen sich daher regelmäßig „bürointern“ klären, ich konnte mich aber auch jederzeit an meinen Stationsausbilder, andere FG-Kollegen oder die FG-Leitung wenden. Die Arbeitszeit ließ sich in Absprache mit meinem Stationsausbilder je nach Arbeitsaufkommen flexibel handhaben. Mit Ausnahme eines arbeitsfreien Studientags pro Woche war mit einer regelmäßigen werktäglichen Arbeitszeit von etwa 9 bis 17 Uhr zu rechnen.
Ich wurde von Anfang an eng in die umweltpolitisch höchst aktuelle Fachgebietsarbeit eingebunden. Ich fertigte Gutachten, erstellte gutachterlich vorbereitete Vermerke, hielt Kurzvorträge, überarbeitete die Zusammenstellung der EMAS-Verpflichtungen des UBA und wirkte intensiv bei der Konzeptionierung und Ausschreibung eines umweltrechtlichen Forschungsvorhabens mit.
Der besondere Reiz einer Wahlstation am UBA beruht auf dem dort praktizierten interdisziplinären Forschungskonzept. Unter dem Dach des UBA arbeiten verschiedene wissenschaftliche Disziplinen mit dem Ziel eines möglichst weitreichenden und effizienten Umweltschutzes zusammen. Diese Zusammenarbeit spiegelt sich in vielfältigen Aktivitäten wider, angefangen von thematischen Vorträgen zur Förderung eines bereichsüberschreitenden Wissenstransfers, über fachübergreifend besetzte Arbeitskreise bis hin zu interdisziplinär konzipierten Forschungs- und Projektvorhaben. Zur Gewährleistung dieser interdisziplinären Spitzenforschung legt das UBA großen Wert auf die kontinuierliche, arbeitsgebietsspezifische Weiterbildung seiner Mitarbeiter und fördert deshalb entsprechende Fortbildungsmaßnahmen, in deren Genuss auch ich als Referendar kam (u. a. hausinterne Fortbildungen, UPPW-Vortrag in Halle, Speyerer Planungsrechtstage).
Dessau-Roßlau ist weder Kapstadt noch New York und auch nicht Berlin. Die Stadt mit ihrer Umgebung bietet jedoch alles für eine gelungene Wahlstation auch jenseits des Büros. Die Möglichkeiten, in einem WG-Zimmer oder einer Pension unterzukommen, sind zahlreich und bezahlbar. Dessau-Roßlau selbst liegt landschaftlich sehr reizvoll im UNESCO-Biosphärenreservat Mittelelbe – ein Paradies für Naturliebhaber und Freizeitsportler jeder Art. Zudem ist Dessau-Roßlau die einzige deutsche Stadt, auf deren Gebiet sich zwei UNESCO-Welterbestätten befinden: Das Bauhaus und das Gartenreich Dessau-Wörlitz. Kulturinteressierte kommen in der Kurt-Weill-Stadt mit dem Festival zu Ehren des Komponisten und dem Anhaltischen Theater ebenso auf ihre Kosten wie Technikfans auf den Spuren von Hugo Junkers im gleichnamigen Museum. Und wen es kulturell, zum Einkaufen oder für das Nachtleben in eine Großstadt zieht, ist mit dem Zug in einer Dreiviertelstunde in Leipzig bzw. in einer guten Stunde in Berlin.
Also: Für Umweltrechtsinteressierte lässt sich wohl kaum eine bessere Wahlstation finden!

Veröffentlicht von on Apr. 15th, 2013 und gespeichert unter DRUM HERUM, SONSTIGES. Sie können die Kommentare zu diesem Beitrag via RSS verfolgen RSS 2.0. Sie können eine Antwort durch das Ausfüllen des Kommentarformulars hinterlassen oder von Ihrer Seite einen Trackback senden

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