Herzlich und schmerzlich

Die neue Platte von Element Of Crime enthält wenig Überraschendes und macht dennoch Freude

Thomas Claer

scheiben-tc-eoc-immer-da-album-cover_immerdaElement Of Crime – das sind seit 25 Jahren hingerotzte Chansons meist traurigen Inhalts mit Rockgitarren und Jazztrompete. Gab es in ihrer Frühphase noch manche stilistische Änderung  – etwa den Wechsel von der englischen zur deutschen Sprache – ist seit „Damals hinterm Mond“ (1991) mehr oder weniger alles beim Alten geblieben. „Immer da wo du bist bin ich nie“ ist nun das insgesamt zwölfte Studioalbum des Berliner Kollektivs um Sänger, Texter, Trompeter und Romanautor Sven Regener, allerdings auch erst das dritte in diesem Jahrzehnt.
Und es geht einem mit dieser CD ähnlich wie mit den Vorgängern: Sie enthält einige famose Kracher, diesmal neben dem country-folkig rockenden Titelstück noch das grotesk-überdrehte „Kopf aus dem Fenster“, das schmerzlich-wehmütige „Euro und Markstück“ sowie „Kuchen und Karin“, das in seiner tiefen Schlichtheit an einen Tom Waits-Song erinnert. Vor allem letzteres gehört zu jenen Liedern, bei denen einem – um es mit einem bekannten Dichter zu sagen – zumute ist, als ob „das Herz recht angenehm verblute“.
Zwar gewinnen auch die übrigen Stücke mit jedem weiteren Hören, doch fallen sie diesmal, zumal die sehr langsamen unter ihnen, teilweise doch etwas ab. Regeners über weite Strecken gewohnt kraftvolle und metaphernreiche Songlyrik verirrt sich hier mitunter – um nicht zu sagen: Er tappt gelegentlich in die Sentimentalitätsfalle. Zu tadeln ist vor allem das ziemlich alberne „Der weiße Hai“, auf dem Alexandra Regener, die neunjährige Tochter des Sängers, nebst einer Freundin im Hintergrund zu vernehmen ist. Doch bleibt dieses Lied die einzige wirkliche Enttäuschung.
Die größte Entdeckung befindet sich hingegen gar nicht auf diesem Album, sondern auf der B-Seite der auf 500 Exemplare limitierten Vinyl-Single mit dem Titelstück als A-Track. Es handelt sich um eine Cover-Version des Stücks „Blaumeise Yvonne“ vom NDW-Altmeister Andreas Dorau. Dieses Lied ist so schön, dass man sich nach einigen Malen Hören gar nicht mehr vorstellen kann, wie man bisher ohne es leben konnte. Und die Kinderstimmen stören hier – anders als beim „Weißen Hai“ – in keinster Weise. Aber leider ist der Song nicht auf der LP und findet hier daher auch keinen Eingang in die Bewertung. Das Urteil lautet: vollbefriedigend (12 Punkte).

Element Of Crime
Immer da wo du bist bin ich nie
Vertigo Berlin (Universal) 2009
Ca. € 15,95
ASIN: B002IS1466

Zum Interview mit Sven Regener bei SPIEGEL-Online geht es hier:

http://www.spiegel.de/kultur/musik/0,1518,650409,00.html

Veröffentlicht von on Sep 28th, 2009 und gespeichert unter SCHEIBEN VOR GERICHT. Sie können die Kommentare zu diesem Beitrag via RSS verfolgen RSS 2.0. Sie können eine Antwort durch das Ausfüllen des Kommentarformulars hinterlassen oder von Ihrer Seite einen Trackback senden

Hinterlassen Sie einen Kommentar!