Gerichtsgeschichten aus Schwetzingen, Teil 15
Pinar Karacinar
Um seinem Schwiegervater eine Freude zu machen, hatte ein arbeitsloser Mann aus Reilingen kurzerhand den Rollator eines 60-Jährigen in seinen Lieferwagen gepackt und fuhr damit davon. Dabei wurde er von einem 12-jährigen Jungen beobachtet, der sich das Kennzeichen des Lieferwagens gemerkt hatte. Anhand des Kennzeichens wurde die Adresse des Täters ausfindig gemacht. In einer anschließenden Hausdurchsuchung konnte der Rollator sichergestellt werden. Deshalb musste sich der 42-Jährige vor dem Schwetzinger Amtsgericht wegen des Tatvorwurfs des Diebstahls verantworten.
Der Angeklagte stritt die Tat ab. Im Oktober vergangenen Jahres habe er lediglich an der Tankstelle gehalten, um sich etwas zu trinken zu kaufen, als er den besagten Rollator vor der Tür entdeckt habe. Der Eigentümer des Rollators hatte diesen vor der Tür abgestellt, weil er in der Tankstelle als Kassierer tätig war. Da an diesem Tag Elektroschrott auf der Straße gestanden habe, hätte der Angeklagte eigenen Angaben zufolge angenommen, dass es sich bei dem Rollator auch um Elektroschrott handele. „Mein Schwiegervater ist gehbehindert, ich nahm das für ihn, weil er das gut gebrauchen kann“, erklärte der Arbeitslose.
Der Geschädigte wurde ebenfalls vor Gericht vernommen und gab an, dass vor der Tankstelle kein Elektroschrott gestanden habe. Zudem sei der Rollator im Wert von 400 Euro gerade mal eine Woche alt gewesen, so dass dieser keinesfalls den Anschein von Elektroschrott gemacht haben könnte.
Das sah die Vorsitzende Richterin H. ebenso. Sie hatte zwar recherchiert, dass an dem Tattag in der Nähe des Tatorts Elektroschrott angemeldet gewesen war. Dennoch war sie von der Richtigkeit der Angaben des Geschädigten überzeugt, dass vor der Tankstelle überhaupt kein Schrott gestanden habe. Dem Angeklagten sagte sie: „Ich habe ihnen ihre Geschichte nicht abgenommen. Außerdem war der Rollator nagelneu und sah nicht nach Elektroschrott aus.“ Zudem hatte der 42-jährige in seiner polizeilichen Vernehmung nicht erwähnt, dass er den Rollator für Sperrmüll gehalten habe.
Richterin H. verurteilte den einschlägig vorbestraften Mann wegen Diebstahls zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 20 Euro.