NEU: Aus dem Tagebuch einer Rechtbald-Referendarin

Liebes Tagebuch!
Ich wünsche dir ein Frohes Neues Jahr! So neu wie das Jahr ist, so neu bist auch du für mich und ich für deine Leser. Eigentlich sollte man ja keine fremden Tagebücher lesen. Und eigentlich sollte man auch keine fremden Tagebücher übernehmen. Eigentlich… Doch durch mein Jurastudium habe ich gelernt: Wo ein Grundsatz existiert, da ist die Ausnahme nicht weit. Und hier bin ich also!
Im Gegensatz zu meiner Vorgängerin kann ich mich noch nicht als Rechtsreferendarin bezeichnen, sondern bin erst im Begriff, eine zu werden. Die letzte Phase meines Studiums ist nicht ganz einfach und doch blicke ich positiv in die Zukunft, denn das ist der erste meiner guten Vorsätze für 2010. Ein weiterer  ist natürlich, fleißig zu lernen, um mein Studium erfolgreich zu beenden. Es kommt mir so vor, als türme sich mein Wissen über meinem Kopf auf wie eine riesige Marge-Simpson-Frisur. Ob ich damit wohl einen optischen Vorteil in der mündlichen Prüfung habe?
Mit dem Lernen ist das so eine Sache: Ich lerne und lerne und lerne und je mehr ich lerne, desto weniger weiß ich – so erscheint es mir jedenfalls. Hoffentlich trügt der Schein! Apropos:  Ist es nicht seltsam, dass man sagt „Ich bin scheinfrei“, obwohl man doch alle Scheine hat?! Und ich rate jedem, auch dem, der sie noch nicht alle hat und auch denen, die sie nicht mehr alle haben (und davon gibt es an der Uni ja genug), gut auf ihre Scheine acht zu geben.
Es ist nämlich so: Erst bekommt man sie und dann muss man sie zur Anmeldung für das Staatsexamen wieder abgeben. Und das kann schon mal zu mittelschweren Panikattacken führen!  So zum Beispiel, wenn man hundertprozentig davon überzeugt ist, die großen Scheine im blauen Ordner abgeheftet zu haben, dieser Ordner aber vieles enthält, jedoch zu 100 % keine großen Scheine. Da wird die Anmeldung zur Prüfung zum ersten Prüfungsabschnitt! Im Schockzustand erstarrt ist man dann auch gar nicht in der Lage, diese Scheine zu suchen. Ebenso panisch kann einen die Suche nach dem Grundlagenschein machen, den man laut Prüfungsamt einzureichen hat. Verdammt, was war das denn überhaupt  nochmal und wieso ist auch dieser Schein im Nirwana verschwunden? Für all diejenigen, die sich nicht anmelden konnten, da sie immer noch nach dem Grundlagenschein suchen, hier ein kleiner Hinweis fürs nächste Mal: Es gibt ihn nicht! Ich meine, natürlich gibt es diesen Schein, aber es ist der einzige, der den Sprung in das moderne Zeitalter geschafft hat und den man nicht ausgehändigt bekommt, da seine Existenz rein digitaler Natur ist. Liebes Prüfungsamt: Vielen Dank für die Auskunft, dass der Nachweis des Grundlagenscheins auf dem Zwischenprüfungszeugnis  genügt. Wo zum Teufel habe ich das denn nur abgeheftet?!
Eigentlich müsste man allein für die ordnungsgemäße Anmeldung Noten bekommen und wer weiß, vielleicht habe ich bereits ein paar Punkte gut schreiben können.  Immerhin durfte ich die netten Damen und Herren vom Prüfungsamt darauf aufmerksam machen, dass ihr Kollege wissentlich sämtliche Kopien von mir entgegengenommen hatte. Als meine Kommilitonin nach unserer Anmeldung darüber stöhnte, dass sie nun kein einziges Original ihrer Prüfungsleistungen mehr besäße, wurde ich hellhörig, denn mir klemmten alle meine Originale noch unter dem Arm! Also machte ich mich beim Prüfungsamt beliebt und korrigierte meine Anmeldung. „Entschuldigung, ich glaube, sie haben da etwas nicht richtig gemacht…“. In so einer Situation fühlt man sich dann wirklich als Straftäter. Und das, obwohl man doch eigentlich auf der Seite des Rechts steht. Eigentlich…
Mal ehrlich und unter uns, liebes Tagebuch – da strebt man sein ganzes Studium nach Perfektion, hat um jede normalstudentensterbliche Party einen großen Bogen gemacht, da man am nächsten Morgen nicht nur körperlich anwesend in der Vorlesung sitzen wollte und Bereicherungsrecht im Dreieck auch nicht besser wird, wenn es durch Restalkohol zum Sechseck mutiert; da hat man sich quasi wie ein Hochleistungssportler für den wichtigsten Wettkampf seines Lebens getrimmt und dann schafft man es nur mit Ach und Krach, sich anzumelden. Es kommt mir manchmal vor, als hätte ich Sport studiert, und zwar Hürdenlauf.
In diesem Sinne wünsche ich uns ein sportliches und sportlich faires 2010!
Deine Nina

Veröffentlicht von on Jan. 25th, 2010 und gespeichert unter LIEBES TAGEBUCH, NINA. Sie können die Kommentare zu diesem Beitrag via RSS verfolgen RSS 2.0. Sie können eine Antwort durch das Ausfüllen des Kommentarformulars hinterlassen oder von Ihrer Seite einen Trackback senden

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