Das Neueste vom Polizeirecht

Markus Thiel legt sein Lehrbuch neu auf

Matthias Wiemers

In der Reihe Nomos Lehrbuch, die sich insgesamt durch eine recht kompakte Form auszeichnet, hat Markus Thiel, Professor an der Deutschen Hochschule der Polizei in Münster-Hiltrup, seinen Band zum Polizei- und Ordnungsrecht zum neuen Jahr 2020 neu aufgelegt.
Die Neuauflage wird mit grundlegenden Veränderungen durch die Gesetzgeber auf europäischer und nationaler Ebene sowie neuer verfassungsgerichtlicher Judikatur begründet.
Das Lehrbuch ist in insgesamt sieben Teile gegliedert und enthält – sieht man einmal von fehlenden vollständigen Fällen mit Lösungen ab – alle Bereiche dessen, was man im Rahmen einer Polizeirechtsvorlesung zwingend vermitteln muss.
Die Einführung besteht aus vier Einzelkapiteln. Zunächst einmal definiert Thiel das Polizei- und Ordnungsrecht als allgemeines Sicherheitsrecht und ordnet es in die Staatsordnung ein. Allerdings erfolgt die Darstellung zu Beginn nicht anhand der materiellen Vorgaben der Grundrechte, sondern anhand der Gesetzgebungszuständigkeiten. Sicherheit wird als Staatsaufgabe postuliert, deutlich und ohne langwierige Ausführungen zur theoretischen Herleitung (Diese finden wir dann in geeigneten Nachweisen der Literatur.).
Von Anfang an ist der Text mit zahlreichen Beispielen durchzogen, die immer nur so weit gehen, wie es in dem jeweiligen Kontext nötig ist.
Im zweiten Kapitel (§ 2) wird der Begriff der Polizei erklärt, wobei Thiel hier selbstverständlich auf die historische Entwicklung eingeht. Dies ist didaktisch die richtige Reihenfolge, weil jedenfalls der Studierende an Polizeihochschulen erfahrungsgemäß nicht die historische Entwicklung in den Vordergrund seines Interesses stellt. Richtig ist es auch, wenn Thiel im dritten Kapitel die Organisation der Gefahrenabwehrbehörden darstellt, weil der Studierende sich dann sogleich selbst in diesen Organisationen verorten kann. Erst dann gibt der Autor einen Überblick über die Aufgaben der Gefahrenabwehrbehörden (§ 4). In diesem Kapitel finden wir etwa ein Kurzschema zur Einordnung einer Maßnahme als präventiv oder repressiv und eines zur Frage des Schutzes privater Rechte.
Teil 2 ist den allgemeinen Rechtsmäßigkeitsanforderungen an das Handeln der Gefahrenabwehrbehörden gewidmet, die der Autor sogleich als „Primärebene“ bezeichnet.
Der Teil beginnt mit einer Einführung (§ 5), worin Thiel erklärt, was er mit den Ebenen – Sekundärebene bis Tertiärebene – meint. „Gefahrenabwehrrechtliche Ermächtigungsnormen“ werden uns in § 6 präsentiert, der selbst wieder eine Einführung und am Ende ein Kurzschema zur Ermächtigungsgrundlage enthält. § 7 ist den formellen Rechtsmäßigkeitsanforderungen gewidmet, und § 8 bildet mit den materiellen Rechtsmäßigkeitsanforderungen eines der umfangreichsten Kapitel (rund 80 Seiten), während § 9 über „Gefahrenabwehrrechtliche Generalklauseln“ nach einer Unterscheidung unterschiedlicher Generalklauseln in einzelnen Bundesländern praktisch nur aus einem Prüfschema besteht. Auf etwa 70 Seiten werden sodann die gefahrenabwehrrechtlichen Standardermächtigungen präsentiert (§ 10), wobei Thiel hier eine Typisierung der Maßnahmen vornimmt, auf landesrechtliche Besonderheiten aber jeweils eingeht.
Teil 3 ist den „Grundlagen der Verwaltungsvollstreckung (Sekundärebene)“ gewidmet., beginnend mit einer Einführung (§ 11), über die Vorstellung der „Mittel des Verwaltungszwangs“ (§ 12). § 13 ist den beiden „Ausführungsvarianten des Verwaltungszwangs“ gewidmet, mithin dem gestreckten Verfahren und dem sofortigen Vollzug. Die „Rechtmäßigkeitskontrolle des Verwaltungszwangs“ enthält mit § 14 ein eigenes Kapitel, das auch Prüfungsschemata für beide Verfahrensarten enthält.
„Grundlagen des Kostenrechts („Tertiärebene“)“ bilden den vierten Teil des Werks, bestehend aus einem „Überblick über die Rückforderung von Kosten der Zwangsvollstreckung“ in § 15.
„Gefahrenabwehrbehördliche Verordnungen“ sind Thema des fünften Teils, worin nach einer Einführung (§ 16) die Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen gefahrenabwehrbehördlicher Verordnungen dargestellt werden (§ 17).
Kein Teilrechtsgebiet des Besonderen Ordnungsrechts ist so eng mit der Tätigkeit der Vollzugspolizei verbunden wie das Versammlungsrecht. Denn immer dort, wo sich mehrere Personen aufhalten und gegen diesen Aufenthalt vorgegangen werden soll, muss der Vollzugsbeamte das Versammlungsrecht zumindest im Hinterkopf behalten. Konsequenterweise behandelt deshalb Thiel die „Grundlagen des Versammlungsrechts“ im sechsten Teil. Nach einer Einführung (§ 18) werden „Pflichten und Befugnisse nach dem Versammlungsgesetz“ dargestellt (§ 19).
Teil sieben über „Gefahrenabwehrrechtliche Ersatzansprüche“ besteht wieder nur aus einem Kapitel über „Ansprüche des Adressaten“ (§ 20).

Meinungsstreitigkeiten sind nur behutsam in den Text eingestreut und tragen zur Problemwahrnehmung bei.
Jedes Kapitel schließt mir einigen Wiederholungs- und Verständnisfragen, zu deren Lösung auf die jeweiligen Randnummern im Text verwiesen wird. Am Ende des Bandes schließlich führt der Autor genau diejenigen Definitionen in knapper Form auf, die jeder Studierende des Polizei- und Ordnungsrechts präsent haben sollte, wenn er Klausuren bestehen will.

Alles in allem: Das Lehrbuch von Thiel hat mich bislang von allen am Markt befindlichen und mir bekannten Lehrwerken am meisten überzeugt und kann für die selbständige Erarbeitung dieses wichtigen Rechtsgebietes uneingeschränkt empfohlen werden.

Markus Thiel, Polizei- und Ordnungsrecht, 4. Aufl., Nomos Verlag Baden Baden 2020, 295 S., 24, 90 Euro (SBN 9783848748761)

Veröffentlicht von on Nov 11th, 2019 und gespeichert unter BESPRECHUNGEN, LITERATUR. Sie können die Kommentare zu diesem Beitrag via RSS verfolgen RSS 2.0. Gehen Sie bis zum Ende des Beitrges und hinterlassen Sie einen Kommentar. Pings sind zur Zeit nicht erlaubt.

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