Er hod’s gwusst

Georg Ringsgwandl nimmt seine Hörer mit nach „Untersendling“

Thomas Claer

scheiben-tc-ringsgwandl-cover-414mq10lc0l_ss400_Der bayrische Kabarettist und Liedermacher Georg Ringsgwandl, inzwischen 61, ist nicht nur ein kluger und witziger Zeitgenosse. Er hat daneben auch noch prophetische Fähigkeiten. Auf dem Album „Vogelwild“ (1992) lautet eine der zahlreichen Strophen im “Lied vom Stau“: „Warum studierst du Rechtsanwalt? Sag mal, ist das schlau?/ Später kriegst du keine Stelle, denn dort ist ein Stau.“ Und auch so manchem Häuslebauer hat er im Lied „Mir baun“ vom Album „Trulla! Trulla! (1989) – leider zutreffend – vorhergesagt, dass der Herzinfarkt ihn „zsammenstaucht“. Hat er denn etwa sogar … ? Ja, selbst die Finanzkrise hat er als einer der wenigen vorhergesehen, sagt er jedenfalls auf Anfrage im Interview. Ein halbes Jahr, bevor es 2008 losging, habe er alle Geldanlagen aufs Festgeldkonto umgeschichtet. Es sei nur so ein Gefühl gewesen.
In einem früheren Leben war Dr. med Georg Ringsgwandl einmal Oberarzt in der Kardiologie am Klinikum Garmisch-Partenkirchen. 1993 hängte er jedoch seinen Arztkittel an den Nagel, um fortan nur noch – wie zuvor schon als Parallelexistenz – künstlerisch zu wirken. Seine Bühnenshows haben es in sich: Grell geschminkt tritt der „schräge Hund“ bis heute auf die Bühne und unternimmt verwegene Luftsprünge beim Gitarrensolo, wenn auch nördlich des Weißwurstäquators die Verständlichkeit seiner Mundart zu wünschen übrig lässt. Der Rezensent wurde in den Neunzigern in Bremen einmal Zeuge einer seiner gefürchteten Publikumsbeschimpfungen, als Ringsgwandl mit den Worten „Ihr seid zu dumm, ihr versteht’s net!“ entrüstet die Bühne verließ.
Großartige Songs hat er über die Jahre geschrieben, deren Texte mitunter sprichwörtlich wurden („Denn da spart man am meisten!“ „Der Garten-Nazi“) Seine besondere Vorliebe für existentielle Fragen – sarkastisch aufgearbeitet – rührt wohl nicht zuletzt aus den Erfahrungen seiner medizinischen Praxis: Dem „Konsumverweigerer“ vom Album „Der schärfste Gang“ (2006) reicht am Ende „ein gebrauchter Fichtensarg“.
Mit seinem neuen Album „Untersendling“, benannt nach dem Münchener Stadtbezirk, wo Ringsgwandl seit langen Jahren eine Wohnung unterhält, kann er jedoch nur bedingt an die starken früheren Veröffentlichungen anknüpfen. Textlich fehlt diesmal insgesamt etwas die Schärfe. Auch musikalisch bewegt sich seine munter rockende Begleitband ein wenig zu sehr in eingefahrenen Gleisen. Das Urteil lautet: befriedigend (8 Punkte).

Ringsgwandl
Untersendling
Lawine (Sony Music) 2009
Ca. € 17,-
ASIN: B002ICGDAY

Veröffentlicht von on Mrz 22nd, 2010 und gespeichert unter SCHEIBEN VOR GERICHT. Sie können die Kommentare zu diesem Beitrag via RSS verfolgen RSS 2.0. Sie können eine Antwort durch das Ausfüllen des Kommentarformulars hinterlassen oder von Ihrer Seite einen Trackback senden

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