Unterhaltsam und anregend

Felix Busse präsentiert die Geschichte der deutschen Anwaltschaft 1945-2009

Florian Wörtz

lit-busse-deutsche-anwalteEs gibt viele Anwaltsgeschichten zu erzählen – Geschichten aus dem Leben rund um einen Berufsstand, der wie kaum ein anderer mitten im Leben steht. Die Zeit zwischen 1945 bis 2009 ist eine Zeit großer gesellschaftlicher Entwicklung und Veränderung und bietet deshalb viel Stoff zum Erzählen.
Felix Busse versteht es meisterlich diese Geschichte und Geschichten zu erzählen. Angefangen von der Nachkriegszeit, als sich die deutsche Anwaltschaft nach ihrer Einbindung und Verstrickung in das NS-Regime zu einer freien Advokatur entwickeln musste. Busse zeichnet die Entwicklung in den jeweiligen Besatzungszonen und schildert anschließend die Entwicklung in der ersten Phase zwischen Gründung der Bundesrepublik bis zur Wiedervereinigung. Besonders interessant für die zahlenmäßig größere Gruppe der West-Juristen ist die Schilderung der Entwicklung zunächst in der SBZ und anschließend der DDR. Insbesondere die ca. 20 Seiten über „Freier Beruf und freie Advokatur unter den Bedingungen des Sozialismus“ und die Ausführungen zur „sozialistischen Gesetzlichkeit“ bieten interessante Einblicke. Die Etappe seit der Wiedervereinigung – maßgeblich geprägt durch die Bastille-Entscheidung und die Aufhebung der Grundsätze des anwaltlichen Standesrechts – schildert Busse ebenso detailreich.
Busse selbst ist seit Jahrzehnten im Bereich der Rechts- und Berufspolitik aktiv und war unter anderem zwischen 1994 und 1998 Präsident des Deutschen Anwaltvereins. Er kann daher getrost als Kenner der Anwaltsszene bezeichnet werden. Für die Recherchen zu seinem Buch standen ihm prominente Interviewpartner zur Verfügung, so beispielsweise Gregor Gysi, Lothar de Maizière oder Wolfgang Vogel. Es bleibt zu hoffen, dass in einigen Jahrzehnten, wenn die Anwaltsgeschichte weiter vorangeschritten ist, Busses Mahnung „Nur mit einer guten und leistungsfähigen Anwaltschaft kann unser Rechtsstaat gelingen“, seinerzeit nicht wirkungslos verhallt ist.
Fazit: Eine sehr unterhaltsame und anregende Chronik über die Geschichte und Geschichten der deutschen Anwaltschaft. Wer sich bewusst macht, welche Schwierigkeiten es bereitete zu einer freien Advokatur zu gelangen, wird diese nach der Lektüre des Buches umso mehr zu schätzen wissen.

Felix Busse: Deutsche Anwälte – Geschichte der deutschen Anwaltschaft 1945 – 2009
Deutscher Anwaltverlag, 2009, 677 Seiten, 98,- €
ISBN 978-3-8240-0818-6

Veröffentlicht von on Mrz 29th, 2010 und gespeichert unter BESPRECHUNGEN, LITERATUR. Sie können die Kommentare zu diesem Beitrag via RSS verfolgen RSS 2.0. Sie können eine Antwort durch das Ausfüllen des Kommentarformulars hinterlassen oder von Ihrer Seite einen Trackback senden

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