Schreibtisch oder Regal?

Die Nomos-BGB-Kommentare zum AT und Familienrecht in jeweils 4. Auflage

Ludwig Deist

Ein großer, ausführlicher, hochpreisiger BGB-Kommentar in mehreren sehr dicken und schwergewichtigen Bänden – das ist doch der Stolz und die Zierde so mancher Anwaltskanzlei. So etwas macht Eindruck im Regal. Und jahrzehntelang war klar: Es muss natürlich der MüKo sein, das gebundene Distinktionsmerkmal schlechthin. Doch der Wind hat sich gedreht. Wie eine Kampfansage in Richtung München liest sich bereits der zweite Satz im Vorwort der Herausgeber zum 4. Band der mittlerweile 4. Auflage des Nomos-BGB-Kommentars zum Familienrecht „Er ist ein Kommentar für den Schreibtisch und nicht fürs Regal und dient dem Rechtsanwender als wichtige Arbeits- und Informationshilfe.“ Das hat gesessen. Ob die Münchener den Baden-Badener Fehdehandschuh aufnehmen werden?

Ohne Zweifel ist dem soignierten Großkommentar aus Bayern mit dem insgesamt achtbändigen blauen Nomos-Pendant auf sage und schreibe 19.500 Seiten ein veritabler Konkurrent herangewachsen. Allein schon das Autoren- und Bearbeiterverzeichnis im Familienrechts-Band erstreckt sich über mehrere Seiten. Neben dem besagten Familienrechts-Band ist auch jener zum Allgemeinen Teil, sozusagen der Auftakt unter den Schwergewichten, bereits jetzt in Neuauflage erschienen. Die restlichen sechs Bände, darunter gleich drei zum Schuldrecht, sollen dann im März folgen.

Der AT-Band fungiert nicht nur als Bezugspunkt für alle „BT“-Darstellungen, sondern steht auch für ein schlüssiges Einzelwerk. Sein Konzept, Aktualität, und Verständlichkeit mit wissenschaftlicher Tiefe zu verbinden, entspricht jenem des gesamten Großkommentars.

Der Familienrechtsband hingegen vernetzt konsequent die Schnittstellen zum Erbrecht, Steuerrecht, Sozialhilferecht und Prozessrecht. Außerdem werden das Versorgungsausgleichsgesetz, das Lebenspartnerschaftsgesetz und das Gewaltschutzgesetz umfassend erläutert. Besonders hervorzuheben sind die angefügten 14 Länderberichte, in denen das ausländische Familienrecht von England/Wales, Frankreich, Griechenland, Iran, Italien, den Niederlanden, Österreich, Polen, Portugal, Russland, der Schweiz, Skandinavien, Spanien, Syrien und der Türkei näher beleuchtet wird. Sie bieten einen Überblick über die jeweilige landesspezifische Rechtsmaterie mit weiterführenden Verweisen und ersparen jedem, der mit dem Familienrecht eines jener 14 Länder und Rechtsräume konfrontiert wird, zeitaufwändige Recherchen.

Heidel/Hüßtege/Mänsel/Noack
BGB. Band 1: Allgemeiner Teil/EGBGB (Kommentar)
Nomos Verlag, 4. Auflage 2021
3.320 Seiten; 198 Euro
ISBN: 978-3-8487-4586-9

Kaiser/Schnitzler/Schilling/Sanders
BGB. Band 4: Familienrecht (Kommentar)
Nomos Verlag, 4. Auflage 2021
3.240 Seiten; 198 Euro
ISBN: 978-3-8487-4990-4

Veröffentlicht von on Feb 15th, 2021 und gespeichert unter BESPRECHUNGEN, LITERATUR. Sie können die Kommentare zu diesem Beitrag via RSS verfolgen RSS 2.0. Gehen Sie bis zum Ende des Beitrges und hinterlassen Sie einen Kommentar. Pings sind zur Zeit nicht erlaubt.

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