Nina hat Albträume

Aus dem Tagebuch einer Recht-bald-Referendarin

Liebes Tagebuch!

Der Wecker klingelt – heute ist Prüfungstag! „Tonight´s gonna be a good night…“ singen mir die Schwarzaugenbohnen aus dem Radio entgegen. Vor „tonight“ hat der liebe Gott aber noch „today“ gesetzt. Und today gilt es, die erste Prüfung hinter sich zu bringen. Es ist mein Freischuss, also kann ich eigentlich entspannt an die Sache rangehen. Gelernt habe ich genug – keine Frage. Aber habe ich auch das Richtige gelernt?!
Naja, irgendwie ist das Ganze ein großes Spiel, bei dem etwas Glück dazu gehört. So wie bei dem Kartenspiel Bohnanza, einem meiner Lieblingsspiele. Man versucht, während seines Studiums so viele Bohnen wie möglich gewinnbringend anzubauen, seien es Betrugsbohnen, Bohnen aus GOA oder Fortsetzungsfeststellungsbohnen, um sie am Ende des Studiums zu ernten und möglichst viele Punkte zu kassieren. Und mit diesem Vorsatz starte ich in Richtung JPA – Punkte kassieren natürlich, nicht Bohnen ernten! Dort angekommen werde ich bereits vom Pförtner empfangen, der mich in einen kleinen Raum begleitet. Eine Prüfungskommission von drei Mann erwartet mich und ich nehme Platz. Ein bisschen wundere ich mich schon, denn ich dachte, es sei eine schriftliche anonymisierte Prüfung. Aber wer weiß – Prüfungsordnungen ändern sich ja schneller, als ein Schwein blinzeln kann. Und schon geht es los mit der ersten Frage: „Wie viele Staffeln lang lief die Serie „Golden Girls“?“
Hä?!  Ich kann zwar sämtliche Dialoge dieser Serie mitsprechen, aber ich verfüge nicht über das notwendige Hintergrundwissen. Man könnte sagen, ich bin verfügungsbeschränkt… Und anscheinend habe ich im Rep wohl einiges verpasst.  Also wende ich mich an die Prüfer: „Sagen Sie, ist das wirklich der Stoff der Prüfungsordnung?“ „Wir stellen hier die Fragen!“ brüllt mir der eine Prüfer entgegen. Okay, okay. Anscheinend ist das hier kein netter Wissenstest wie bei Günther Jauch, sondern eher ein Verhör beim BKA. Ruhig bleiben, denke ich mir. Wenn der Prüfer dir gleich mit Folterandrohungen kommt, verweist du auf die EMRK und den Fall Daschner. Aber noch geht es um die Golden Girls und da helfen einem auch keine Menschenrechte weiter. Verdammt, diese Bildungslücke weitet sich zu einem Abgrund, in dem ich zu versinken drohe. Was zum Geier hat das alles bitte mit Jura zu tun? Und noch während mir bewusst wird, dass ich mir diese Frage bereits während meines Studiums des Öfteren gestellt habe, höre ich den Prüfer sagen: „Nehmen Sie den Publikumsjoker oder wollen Sie jemanden anrufen?“
Da der Mangel an Publikum keine Gewährleistungsrechte auslöst, wähle ich den Telefonjoker. „Ich rufe die Programmdirektion von Kabel Eins an!“ Dort laufen die Golden Girls nämlich im Nachtprogramm. Was für ein kluger Schachzug von mir! Leider antwortet Kabel Eins auf meine Frage mit „Wir nehmen Ihren Anruf in Kürze entgegen!“. Und diese Kürze ist den Prüfern zu lang. Also versuche ich ein letztes Mal durchzukommen, aber wieder klingelt nur der Wecker. Der Wecker klingelt?! Der Wecker klingelt – heute ist Prüfungstag! „Tonight´s gonna be a good night…“ singen mir die Schwarzaugenbohnen aus dem Radio entgegen. AAAAAAAAAH!

Deine Nina

Veröffentlicht von on Apr 26th, 2010 und gespeichert unter LIEBES TAGEBUCH, NINA. Sie können die Kommentare zu diesem Beitrag via RSS verfolgen RSS 2.0. Sie können eine Antwort durch das Ausfüllen des Kommentarformulars hinterlassen oder von Ihrer Seite einen Trackback senden

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