Sorgfalt in der Lieferkette – schnelle Hilfe im baldigen Ernstfall

Der LkSG-Handkommentar von Johann/Sangi in Erstauflage

Matthias Wiemers

Zum neuen Jahr tritt das im letzten Jahr in Deutschland beschlossene Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz nun tatsächlich in Kraft. Die Mitte 2021 amtierende Bundesregierung hatte dies beschließen lassen, obwohl auf EU-Ebene eine entsprechende Richtlinie bereits in Vorbereitung war. Interessanterweise möchte die Union im Bundestag nun das Inkrafttreten des Gesetzes aussetzen. Wo waren denn die, die das jetzt fordern, als das Gesetz beschlossen wurde? (Herr Merz war jedenfalls damals nicht im Bundestag; er ist entschuldigt.)

Kann man auch durchaus der Meinung sein, ein solches Vorhaben sei besser im EU-Rahmen aufgehoben, so ist doch das deutsche Gesetz inzwischen von zahlreichen Juristen kommentiert worden, wobei hierbei zumeist Anwaltskanzleien die Initiative ergriffen – so auch hier. Mit drei Ausnahmen gehören die zwölf Kommentatoren dieses knapp und überschaubar gehaltenen Kommentars einer bekannten Bonn-Berliner Kanzlei an, die sich hiermit für das öffentliche Wirtschaftsrecht einmal mehr qualifiziert. Denn darum geht es in dem Gesetz: Es will sicherstellen, dass Unternehmen die in dem Gesetz festgelegten Sorgfaltspflichten hinsichtlich der Beachtung von Umweltpflichten und Menschenrechten in (internationalen) Lieferketten einhalten, indem sie sich zumindest hierum bemühen. Die Pflicht tritt zunächst für Unternehmen ab 3000 Mitarbeiter und ein Jahr später dann ab 1000 Mitarbeitern ein. Betroffen sind alle Unternehmen mit einem Inlandsbezug, also mit einem Sitz o. ä. in Deutschland. Dies wird bereits in der durch die beiden Herausgeber besorgten Einleitung erklärt, bis hin zum ebenso kurzen Ausblick auf die im Gesetzgebungsverfahren befindliche Richtlinie.
Es folgen die knappen Einzelkommentierungen der insgesamt 24 Paragraphen und am Schluss ein Anhang mit einer Übersicht über die völkerrechtlichen Vereinbarungen, deren Beachtung sich nach dem Gesetz empfiehlt.
Inhaltlich weist der Kommentar den Vorteil auf, dass er die doch schon zahlreichen Arbeiten zu diesem neuen Gesetzeswerk bereits in Bezug nehmen konnte. Man kann hierbei beobachten, wie sich hier bereits so etwas wie ein Meinungsbild zeigt, obwohl es naturgemäß noch keinerlei Rechtsprechung hierzu gibt. Auch in den Einzelkommentierungen wird gelegentlich kurz auf die geplante Regelung auf EU-Ebene eingegangen. Dies ist zu begrüßen, weil Unternehmen, die derzeit ein entsprechendes Compliance-Management aufbauen bzw. die Thematik in ihr bestehendes CMS implementieren sich so bereits jetzt auf kommende Änderungen einstellen können. Auffällig ist, dass in den Fußnoten häufig nicht nur internationale Übereinkommen, sondern Papiere und Stellungnahmen von OXFAM zitiert werden. Hier macht sich sicher die Mitarbeit der Oxfam-Juristin Franziska Humbert bemerkbar. Es zeigt sich aber generell auch, welchen Einfluss einzelne NGOs mittlerweile auf die Berliner Gesetzgebung ausüben. Ein stückweit relativiert dies auch den gängigen Vorwurf, in der deutschen Politik könnten sich nur Wirtschaftsinteressen durchsetzen.

Ein Wort noch zum Gesetz selbst: Es gibt viele Gründe, die steigenden Bürokratielasten für Unternehmen zu kritisieren, und es gibt weiterhin sogar Gründe, die Sinnhaftigkeit des konkreten Ansatzes überhaupt zu hinterfragen. Wollen nicht Menschen in der ganzen Welt zunächst einmal überleben, bevor sie an Arbeits- und Gesundheitsschutz in ihren Betriebsstätten denken? Dies ist eine alte Debatte, die es in den „alten“ Industrieländern sicherlich auch gegeben hat, und man sollte das hohe Maß an Unterbeschäftigung weltweit nicht unterschätzen, dem man mit solchen Regelungen möglicherweise nicht begegnen kann, Gleichwohl ist es – ähnlich wie seinerzeit bei Einführung der DSGVO mit den gespeicherten Daten – auch richtig, wenn sich Unternehmen einmal sorgfältig mit den mit ihnen bestehenden Lieferbeziehungen befassen. Dies dürfte bei einigen Unternehmen auch zu einer Verbesserung der Unternehmensführung führen. Hinzu kommt die Verbesserung des Unternehmensimages, wenn man wirklich die nun geforderten neuen Managementaufgaben implementiert. Auf diesem Wege hilft der jetzt erschienene Kommentar.

Johann / Sangi (Hrsg.)
LkSG – Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (Handkommentar)
Nomos Verlag 2022
465 Seiten; 89,00 Euro
ISBN 978-3-8487-7230-8

Veröffentlicht von on Dez 19th, 2022 und gespeichert unter BESPRECHUNGEN, LITERATUR. Sie können die Kommentare zu diesem Beitrag via RSS verfolgen RSS 2.0. Gehen Sie bis zum Ende des Beitrges und hinterlassen Sie einen Kommentar. Pings sind zur Zeit nicht erlaubt.

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