Aus dem Tagebuch einer Rechtbaldreferendarin
Liebes Tagebuch!
April, April – ich mache, was ich will! Ich schreibe nicht mehr. Keine Angst, liebes Tagebuch, dich meine ich nicht. Ich meine das Examen, den Verbesserungsversuch. Es ist ja nicht so, dass ich mich nicht verbessern kann oder will. Aber es ist nun mal so, dass ich auf gar keinen Fall nochmal lernen und Klausuren schreiben will. Außerdem gibt dir ja auch niemand eine Garantie für eine Verbesserung. Mit meiner Note bin ich schon ganz zufrieden und mit einem stressfreien Leben auch. Warum also nochmal das Ganze auf sich nehmen? Es ist doch so schönes Wetter draußen! Nicht mit mir – das Wetter natürlich schon, das Examen natürlich nicht.
Du hast ja eh mitbekommen, dass ich eine Künstlerpause zwischen Examen und Ref eingelegt habe. Das ist übrigens eine große Kunst, das kann nicht jeder, schon gar nicht jeder Jurist. Der gemeine Jurist ist doch pausenlos den Paragraphen verschrieben und kann sich ein Leben ohne allabendliche Gesetzeslektüre kaum vorstellen. Ich kann mir ein solches Leben kaum vorstellen. Wenn man vor lauter Paragraphen das Leben nicht mehr sieht und man merkt, dass man immer musikalischer wird, weil einem sogar der Humor flöten geht, spätestens dann muss man die Reißleine ziehen. Ansonsten endet man wie Möllemann und das wäre doch schade.
Klar, wenn man schon bestanden hat, dann geht man sicher viel lockerer in die Klausuren rein. Aber mal ehrlich: Ein Siebenmalfünfstundenklausurenprogramm ist unabhängig von jeder mentalen Verfassung kein Besuch in einer Wellness-Oase. Meine Mutter würde nun sagen „Kind, das ist das Leben auch nicht!“ Naja, wenn jeder so denkt, dann ist das ja kein Wunder! Warum ist das Leben keine Wellness-Oase?! Gibt es irgendein Gesetz, in dem diese Aussage kodifiziert ist? Ungeschriebenes Gewohnheitsrecht, oder was? Das Leben ist doch stark auslegungsbedürftig und wenn man das Ganze teleologisch betrachtet, dann sehe ich persönlich weder Sinn noch Zweck darin, mich erneut einem Klausurenmarathon zu unterziehen. Punkt.
April, April, ich mach halt, was ich will. Oh wei, oh wei – wir haben ja schon Mai! ;)
Deine Nina