„Europäisches Gesellschaftsrecht“ von Stefan Grundmann in 2. Auflage
Sven Heller
Sieben Jahre nach der Erstauflage und vier Jahre nach einer überarbeiteten Ausgabe in englischer Sprache, erscheint nun in der sich den Europäisierungstendenzen vornehmlich wirtschaftsrechtlicher Gebiete widmenden IUS COMMUNITATIS-Reihe des C. F. Müller Verlags, für die der Autor zudem als Herausgeber zeichnet, die zweite Auflage des Europäischen Gesellschaftsrechts.
Grund für die völlige Neubearbeitung und einer damit gegenüber der Vorauflage weitergehenden Systematisierung der Darstellung sind sowohl die Ausweitung der EuGH-Rechtsprechung zur grenzüberschreitenden Mobilität von Kapitalgesellschaften als auch der sprunghafte Anstieg der gemeinsamen Rechtsmaterie. Beispielhaft genannt seien hier die Umsetzung von Aktionärsrechterichtlinie und Statut zur Societas Europaea, der weiter vorangeschrittene Umbau des Kapitalmarktrechts sowie die Kodifizierung des sog. aquis communautaire.
Dass sich das anspruchsvolle Werk in erster Linie an den „binnenmarktorientierten Praktiker“ richtet, zeigt sich schon an seiner Strukturierung, die sich nach einem Überblick (1. Teil) an den „wichtigen Sachverhalten im Leben einer Kapitalgesellschaft in Europa“, also etwa an „Errichtung und laufendem Geschäft“ (2. Teil), der „Finanzierung an Kapitalmärkten“ (3. Teil) oder „Niederlassung und Strukturmassnahmen“ (4. Teil) orientiert. Der Autor beleuchtet auf diese Weise über das Kerngebiet des Gesellschaftsrechts, das Gesellschaftsorganisationsrecht, dessen inzwischen harmonisierte supranationale Rechtsformen Gegenstand des 5. Teils sind, hinaus, auch die mit diesem reziprok verbundenen Gebiete des Kapitalmarkt-, des Körperschaftssteuer- und des Unternehmerinsolvenzrechts. Hervorzuheben ist, dass sich der Autor dort, wo nach wie vor unharmonisierte Bereiche bestehen, nicht auf rechtsvergleichende Ausführungen zu den nationalstaatlichen Regelungen beschränkt. Statt dessen ermöglicht er dem Leser methodisch auf Grundlage der ökonomischen Analyse des Rechts (1. Teil III.), einen wertvollen Perspektivenwechsel und erhellt so unkonventionell manche – nur auf den ersten Blick – verzichtbar erscheinende Regelung.
Dass das Werk jetzt zeitgleich auf Deutsch und Englisch erscheint, bestätigt den Anspruch des Autors, ein „genuin Europäisches Lehrbuch“ zu schaffen. Das Bestreben es zeitnah auch in chinesischer Sprache erscheinen zu lassen, zeigt die ungeachtet des gegenwärtigen finanzinstitutionellen Zustands der EU bestehende Nachfrage einer internationalen, über Europa hinaus weisenden Leserschaft, an einer Gesamtdarstellung des europäischen Gesellschaftsrechts, welches trotz bestehender Harmonisierungslücken immer mehr als zusammenhängender Organismus wahrgenommen wird. Der Autor leistet dabei einen unschätzbaren Beitrag zu einer diesen Prozess begleitenden Etablierung einer europäischen Gesellschaftsrechtswissenschaft.
Stefan Grundmann. Europäisches Gesellschaftsrecht
2. Auflage, Heidelberg 2011
728 S., geb.,128,- Euro
ISBN 978-3-8114-4420-1