Aber wer bekommt die drei Punkte?
Oliver Niekiel
„Mailand oder Madrid – Hauptsache Italien“, „Ich habe ihn nur ganz leicht retuschiert“, „Zu 50 Prozent stehen wir im Viertelfinale, aber die halbe Miete ist das noch lange nicht“ oder „Das Unmögliche möglich zu machen wird ein Ding der Unmöglichkeit“ – diese zu Klassikern avancierten Zitate aus der Welt des deutschen Fußballs lassen nicht zwingend vermuten, dass Bücher aus diesem Bereich lesenswert sind. Und doch sollen hier drei solcher Werke rezensiert werden, die auch dem anspruchsvollen Justament-Leser gefallen dürften.
Seit einigen Wochen auf dem Markt ist „Peter Neururer – Aus dem Leben eines Bundesliga-Trainers“. Auf fast 200 Seiten zeichnet Autor Thomas Lötz den Weg Peter Neururers von einem in großen (Geld-)Schwierigkeiten steckenden Studenten hin zu einem der kultigsten und beliebtesten Trainer Deutschlands. Abgehandelt werden die Stationen Aachen, Schalke, Berlin, Saarbrücken, Hannover, Köln, Düsseldorf, Offenbach, Ahlen, Bochum und Duisburg. Der Leser erhält einen Blick hinter die Kulissen des Profigeschäfts und gerät manches Mal ins Staunen. Auch der Herzinfarkt des Trainers findet Erwähnung. Das Buch ist von der ersten bis zur letzten Seite interessant und äußerst erfrischend geschrieben.
Ebenfalls relativ frisch im Handel ist „Ganz oder gar nicht“ von Lothar Matthäus. Auf über 200 Seiten sucht man die großen Skandale zwar vergebens. Gleichwohl liest sich das Buch sehr kurzweilig. Matthäus berichtet über seine Heimat in Franken, den Start seiner Karriere in Mönchengladbach, die Zeit bei Bayern München, den Fast-Wechsel nach Madrid, die Erfolge in Italien, die Rückkehr nach Deutschland und den Abstecher in die USA. Daneben erfährt der Leser diverse Einzelheiten aus dem Eheleben des Lothar Matthäus, im Speziellen aber – und das ist auch gut so – über dessen Trainerstationen. Auffällig: Auf fast jeder Seite wird deutlich, wie sehr Matthäus sich nach einer Trainerstelle in der Bundesliga sehnt.
Schon etwas länger zu haben ist die Biografie von Huub Stevens. Auf knapp 170 Seiten werden dessen Fans informiert über die Zeit in den Niederlanden und insbesondere die Trainerstationen in Deutschland. Das Buch dürfte in erster Linie für den Fan des Menschen Huub Stevens geeignet sein, während etwa der Schalke-Fan unter den Lesern mitunter enttäuscht sein wird. Denn soweit es um die Blau-Weißen geht, fällt das Buch eher durch Ungenauigkeiten auf. Nur zwei Beispiele: Stevens wird im Zusammenhang mit dem Spiel gegen Unterhaching am 19. Mai 2001 („Meister der Herzen“) mit den Worten „die Süddeutschen erweiterten danach ihren Vorsprung auf 3:1“ zitiert, obwohl es zur Halbzeit 2:2 stand und Unterhaching erst nach dem Seitenwechsel wieder in Führung ging – aber eben nicht mit 3:1. An anderer Stelle wird darauf hingewiesen, dass in der Saison 2000/2001 die Veltins-Arena immer voll war. In besagter Saison war die Veltins-Arena aber zum einen noch gar nicht in Betrieb, zum anderen war sie damals noch nicht nach einem Bier benannt (das ist erst seit 2005 der Fall).
Das Urteil: Nicht nur weil Peter Neururer vorübergehend auch mal Jurastudent war, bekommt er die drei Punkte zugesprochen. Er und sein Buch haben das eindeutig verdient.
Thomas Lötz
Peter Neururer: Aus dem Leben eines Bundesligatrainers
Gebundene Ausgabe: 188 Seiten
Verlag: Delius Klasing
ISBN-10: 3768835278
19,90 €
Lothar Matthäus / Martin Häusler
Ganz oder gar nicht: Autobiografie
Gebundene Ausgabe: 240 Seiten
Verlag: Bastei Lübbe (Lübbe Hardcover)
ISBN-10: 3785724675
19,99 €
Theo Vaessen
Huub Stevens
Gebundene Ausgabe: 176 Seiten
Verlag: Riva
ISBN-10: 3868830081
19,90 €