Gerichtsgeschichten aus Schwetzingen, Teil 6
Pinar Karacinar
Im esoterisch angehauchten Outfit erschien ein wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz angeklagtes Ehepaar vor dem Schwetzinger Amtsgericht. Der 27-jährigen Ethnologie-Studentin und ihrem 33-jährigen Mann wurde gemeinschaftlicher unerlaubter Erwerb von Betäubungsmitteln in drei Fällen und der unerlaubte Besitz von Betäubungsmitteln vorgeworfen. In zwei Fällen hätte es sich um mindestens ein Gramm und in einem Fall um fünf Gramm Heroin gehandelt.
Im März vergangenen Jahres habe das Ehepaar nach vorheriger telefonischer Bestellung drei Mal Heroin erworben. Die Übergabe der Drogen soll in Plankstadt stattgefunden haben. Darüber hinaus wurde in der damaligen gemeinsamen Wohnung in Heidelberg bei einer polizeilichen Durchsuchung eine Metalldose sichergestellt, in der sich Amphetamine, Marihuana, Drogen-Pilze, Schlafmohnsamen und diverse Konsumentengegenstände befanden. Die beiden Angeklagten machten von ihrem Recht auf Aussageverweigerung Gebrauch und schwiegen zu den Tatvorwürfen. Stattdessen legte der Verteidiger Stefan A. dem Vorsitzenden Richter Hans M. zwei Drogenscreenings des Ehepaares vor, denen zufolge beide keinerlei Drogen eingenommen hätten.
Die gegen das Ehepaar erhobenen Vorwürfe wurden teilweise durch die Vernehmung von verschiedenen Polizeibeamten untermauert, die die Handynummern der Angeklagten und den SMS-Ein- und Ausgang ausgewertet hatten. Hauptbelastungszeuge war ein 39-jährige Drogendealer, der den Angeklagten das Rauschgift verkauft hatte. Zu seiner Vernehmung wurde er aus der Haftanstalt vorgeführt, in der er eine Freiheitsstrafe von vier Jahren und neun Monaten verbüßt. Der Drogendealer erzählte ausführlich und glaubhaft von seinem Heroinverkauf an die Angeklagten.
Diese Zeugenaussage nahm der Vorsitzende M. zum Anlass, den beiden Angeklagten ins Gewissen zu reden: „Ich lege jetzt eine fünfminütige Pause ein und gebe ihnen die Gelegenheit, in sich zu gehen und eventuell eine Erklärung abzugeben.“ Der Appell des Vorsitzenden zeigte seine Wirkung. Nach der Unterbrechung räumte Verteidiger A. im Namen seiner Mandanten ein, dass diese zwar Heroin erworben hätten, aber nur in zwei und nicht wie vorgeworfen in drei Fällen. Zudem wäre der Ehemann lediglich der Begleiter seiner Frau gewesen und hätte selbst keine Drogen konsumiert.
Obwohl das Geständnis des Ehepaares spät erfolgte, wurde es doch zu Gunsten der Angeklagten berücksichtigt. Richter M. verurteilte die 27-Jährige zu einer Geldstrafe in Höhe von 90 Tagessätzen zu je zehn Euro und den 33-Jährigen zu einer Geldstrafe in Höhe von 60 Tagessätzen zu je 10 Euro. Er begründete sein mildes Urteil damit, dass beide keine Vorstrafen hätten und die Tat bereits länger zurückliege, aber auch mit dem Geständnis der beiden Angeklagten.