Melancholisch und ungezogen

Mit „Mountain Battles“ setzen die Breeders ein Lebenszeichen, das gefallen kann

Thomas Claer

 

So weit ist es schon gekommen: Vor einem Jahr haben die Breeders ein neues Album herausgebracht, und ich hab’s erst jetzt gemerkt. Doch ist ein Jahr gar nicht so viel Zeit – gemessen an den ausgedehnten Schaffenszyklen dieser Band. Tatsächlich ist „Mountain Battles“ erst ihre vierte Platte in zwanzig Jahren.

 

Angefangen hat es mit den Breeders 1989 als Kim Deal, Bassistin und Co-Sängerin der legendären Pixies (1986-1992) – der womöglich besten Band aller Zeiten – sich mit Tanya Donelly (Throwing Muses) und Josephine Wiggs zu einem explizit feministischen Nebenprojekt zusammenfand. 1991 erschien ihr Debütalbum „Pod“, verglichen mit den Nachfolgern ein ungeschliffenes Juwel, ein furioses Gitarrenrockalbum. Insbesondere ist das Stück „Opened“ ein Gigant von einem Song in bester Pixies-Manier. Mit den Pixies allerdings ging es nach einem vollständigen Zerwürfnis zwischen Lead-Sänger Black Francis (a.k.a. Frank Black) und Kim Deal bald zu Ende. Black erklärte damals u.a., die Zickigkeit seiner Bassistin nicht mehr ertragen zu können. So wurden die Breeders für Kim Deal zum Hauptprojekt: 1993 gelang ihnen – bereits ohne die ausgeschiedene Tanya Donelly – mit ihrem zweiten Album „Last splash“ und der Single „Cannonball“ ein weltweiter Erfolg, obgleich die viel zu poppig geratenen Songs Fans und Kritiker keineswegs durchweg überzeugen konnten. Es folgte nach langer Pause mit Kim Deals Präsenz in mehreren anderen Projekten erst 2002 das wunderbar reife, begnadete, in jeder Hinsicht großartige „Title TK“.

Zu dieser Zeit bewies Kim Deal ihr unvermindertes Temperament mit dem unvergesslichen Statement in der 3Sat-Kulturzeit: „Hey, Mann, wenn der Schlagzeuger eine Pussy ist, dann kannst du gleich die ganze Band vergessen!“ Es folgte noch eine emphatisch gefeierte Wiedervereinigungs-Tournee der versöhnten Pixies.

 

Und nun also „Mountain Battle“: Auch mit siebenundvierzig Jahren singt Kim Deal noch wie ein manchmal ungezogenes kleines Mädchen. Rockig, krachend und schmutzig kommen die meisten Stücke daher, aber gerade auch die langsamen Lieder wie das besonders zu rühmende Titelstück „Mountain Battles“ entfalten einen unwiderstehlichen Reiz. Mein Gott, wie melancholisch sind Songs wie „Night Of Joy“ oder „We’re Gonna Rise“! Und dann noch eine Neuerung: Der Song „Bang On“ enthält Ausflüge in die Elektronik, aber so vorsätzlich stümperhaft, so augenzwinkernd dilettantisch, dass man die Breeders schon allein dafür lieben muss. Im vergnüglichen Song „German Studies“ schließlich heißt es z.B. mehrmals: „Lass das Licht an!“ und „Was machst du bloß?“ Ansonsten reicht das musikalische Spektrum von der sehr Pixies-mäßigen Pop-Hymne „Walk It Off“ bis zum Countrysong “Here No More”. Für 13 Lieder brauchen sie keine 37 Minuten: Immer kurz und schmerzlos. Das Urteil lautet: voll befriedigend (12 Punkte).

 

The Breeders

Mountain Battles

4AD/Beggar (Indigo) 2008

Ca. € 17,-

ASIN: B00133FBDY

Veröffentlicht von on Mai 11th, 2009 und gespeichert unter SCHEIBEN VOR GERICHT. Sie können die Kommentare zu diesem Beitrag via RSS verfolgen RSS 2.0. Sie können eine Antwort durch das Ausfüllen des Kommentarformulars hinterlassen oder von Ihrer Seite einen Trackback senden

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