Die Historikerin Wendy Lower hat über Täterinnen im Dritten Reich recherchiert
Benedikt Vallendar
Berlin – Sie waren jung, ehrgeizig und suchten das Abenteuer; und nur in seltenen Fällen hatten sie eine kriminelle Vergangenheit. Frauen, die in Hitlers „tausendjährigem“ Reich an dessen wahnwitzigen Plänen mitarbeiteten, taten dies meist aus der zweiten oder dritten Reihe heraus; als Sekretärinnen, Telefonistinnen oder Lehrerinnen, um etwa in den besetzten Gebieten die NS-Ideologie unters Volk zu bringen. Rund 40 Prozent des Personals der Gestapo war weiblich, wenn auch nur in subalterner Stellung. Frauen haben auch als Krankenschwestern an den Euthanasiekampagnen der Nazis teilgenommen, indem sie geistig Behinderten tödliche Injektionen setzten.
Durch mehrjährige Recherchen in zahlreichen Archiven hat die US-amerikanische Historikerin Wendy Lower das tradierte Bild von der sorgsamen deutschen Kriegerwitwe, die hinter der Front allein für das Wohl der Familie gesorgt habe, ins Wanken gebracht. „Frauen haben ihren männlichen Kollegen in Grausamkeit und Sadismus kaum nachgestanden“, sagt Lower. Das geht unter anderem aus Briefen hervor, in denen Frauen ihren Angehörigen von Massakern an der Ostfront berichteten.
Viele Frauen begaben sich freiwillig in den Schlepptau der SS, indem sie mit deren Führungspersonal anbandelten und auf gesellschaftlichen Aufstieg hofften. Grausame Berühmtheit errang etwa Ilse Koch, Ehefrau des Buchenwalder KZ-Kommandanten, die sich immer neue Bestialitäten mit Häftlingen ausdachte und dafür nach dem Krieg zu lebenslanger Haft verurteilt wurde, wo sie 1967 Suizid beging.
Wendy Lower
Hitlers Helferinnen. Deutsche Frauen im Holocaust – übersetzt aus dem Englischen von Andreas Wirthensohn
Erscheinungsdatum: 28.07.2014
Fester Einband, 336 Seiten
Mit zahlreichen Abbildungen
Preis: 24,90 € (D) / UVP 34,90 sFR (CH) / 25,60 € (A) ISBN 978-3-446-24621-8
Hanser Verlag Berlin 2014