„Warum keiner will, dass du nach oben kommst …und wie ich es trotzdem geschafft habe“ von Martin Limbeck
Jochen Barte
Es gibt System-Gastronomie, System-Fertighäuser und seit einiger Zeit gibt es auch System-Literatur. Das sind Bücher, die ausschließlich deshalb geschrieben werden, weil ein Markt gefüttert werden muss. Man kennt das von Prominenten und solchen, die es gerne wären und die dann allesamt mit großer Marketing-Geste ausplaudern, dass Sie als Kind ein frisiertes Mofa oder Ähnliches hatten. Geistige Zuckerwatte für die Infotainment-Junkies unserer Tage. Es tut nicht weh, ist aber auch völlig belanglos.
Das Buch „Warum keiner will, dass du nach oben kommst …und wie ich es trotzdem geschafft habe“ von Martin Limbeck fällt in diese Rubrik. Limbeck, der sich laut Klappentext einen Namen als Verkaufstrainer-Guru gemacht hat, legt damit quasi seine Autobiographie vor. Ein Ereignis, auf das der Markt sicher schon sehnlichst gewartet haben dürfte, denn nach Maschmeyer, Höller, Bohlen und Co. sind noch viele Fragen offengeblieben, wie denn nun Lieschen Müller endlich die erste Million verdienen kann. Es ist klar, dass jemand wie Limbeck dazu eine Meinung hat, die er natürlich – wie jeder Promi, der gerne Gutes tut, – bereitwillig unters Volk streut.
Du musst erst schaufeln, dann scheffeln. Das ist das Mantra, das Limbeck nicht müde wird, dem Leser auf knapp 200 Seiten immer wieder einzubläuen. Früher hieß das mal „ohne Fleiß kein Preis“, aber alter Wein will ja schließlich von Zeit zu Zeit neue Schläuche haben und Raider heißt ja auch schon länger Twix. Und so kommt es, dass Limbeck Anekdoten aus seinem Leben als Verkäufer erzählt, mit denen er zu belegen versucht, dass sich das Schaufeln am Ende für ihn gelohnt hat und er jetzt endlich den fleischgewordenen Spießer-Traum mit Porsche, Villa und treusorgender Gattin leben kann – obwohl er doch eigentlich immer noch der kleine Junge aus der Provinz geblieben ist.
Man mag das – genauso wie das prollige Du, das Limbeck unentwegt dem Leser zuruft, – für eine aufgesetzte Attitüde halten, um sich die Zielgruppe warmzuhalten. Fest steht dagegen, dass man Limbeck überfordert, sobald man so etwas wie analytische Tiefenschärfe erwartet. Hier hätte es nämlich bei der Reflexion über den eigenen Weg und den sozialen Kontext für den Leser interessant werden können. Aber der Gefahr, die seichten Gewässer für ein paar Seiten zu verlassen, widersteht Limbeck souverän. Es bleibt bei vorhersehbaren Allgemeinplätzen, die typisch sind für das Jargonhafte der Ratgeberliteratur. So erfährt der Leser lediglich, dass Limbeck gegen eine Neidgesellschaft ist und jedem seiner reichen Freunde den Erfolg gönnt. Na klar. Was sonst.
Und was hat der Leser davon? Nichts bzw. fast nichts, ist die Antwort. Es sei denn, er erfreut sich an der lustigen Verwendung des Deppenapostrophs, den Limbeck auf’s [sic] Beste mit jeder nur denkbaren Präposition virtuos zu variieren versteht, oder er ist durch den übermäßigen Konsum von Trash-TV, Fastfood und Ballerspielen schon so weit kommerziell vermasst, dass er Limbecks kompilierte Bauernregeln für ein geistiges Erweckungserlebnis hält. Aber diese Menschen soll es ja geben, man sieht sie allabendlich ekstatisch verzückt in die Kameras dieser Welt grinsen, weil sie im Fernsehen sind. Das ist die Zielgruppe. Licht aus, kein Wort mehr.
Martin Limbeck
„Warum keiner will, dass du nach oben kommst …und wie ich es trotzdem geschafft habe“
Redline Verlag 2014
208 Seiten, EUR 19,99
ISBN-10: 3868812350