Karl der Große war die Intoleranz in Person – enthüllt ein neues Buch über den Frankenherrscher
Benedikt Vallendar
Berlin – Wer das Buch gelesen hat, wird sein Bild über den Frankenherrscher Karl den Großen (747 – 814) deutlich revidieren müssen. Denn der dem Kaiser zugedachte Titel „Vater Europas“, der im alljährlich verliehenen Aachener Karlspreis seinen Niederschlag findet, erweist sich bei näherem Hinsehen als ziemliche Nullnummer.
Was gerne verschwiegen wird: Karl hat nicht eine einzige öffentliche Schule gebaut, keine Wissenschaftsdisziplin gefördert, kein einziges Theater eröffnet. Und nicht eine öffentliche Bibliothek finanziert. Vor und nach ihm lag die städtische Kultur am Boden, hausten Menschen in armseligen Holz-Baracken und glich Paris einer Müllhalde.
In seinem Buch über Karl den Großen räumt der Autor, ehemaliger Bundeswehr-Oberst, auf mit falschen Idealisierungen, indem er den Mythos um Karl „den Großen“ einer kritischen Korrektur unterzieht. Statt auf Bildung, Wissenschaft und Kultur zu setzen, schuf sich Karl seine eigenen Gesetze, wurde religiöse Intoleranz zum politischen Programm.
Das Motto „Sterben soll, wer Heide bleiben will“, durchzog sein politisches Handeln bis zum Tod. Zeitlebens führte der Kaiser Krieg gegen Andersdenkende und förderte zugleich die Kirche mit großzügigen Privilegien. Das Fazit: Denken und Handeln Karls standen in krassem Gegensatz zu allem, was Europa heute im internationalen Bewusstsein ausmacht.
Die Lektüre empfiehlt sich für Jura-Studenten und wissenschaftliche Mitarbeiter, die sich mit mittelalterlicher Rechtsgeschichte beschäftigen und dabei etwas über gesellschaftliche und politische Hintergründe der Zeit erfahren möchten.
Rolf Bergmeier:
Karl der Große
Die Korrektur eines Mythos
320 Seiten, Hardcover, 19.95 Euro
ISBN 978-3-8288-3661-7
Tectum Verlag Berlin 2016