Gelungene Synthese

Matthias Arfmann (Ex Kastrierte Philosophen) remixt klassische Ballett-Musik!

Thomas Claer

arfmannWenn Klassik und Popmusik gekreuzt werden, dann führt das meist zu schaurigen Ergebnissen. Anders war es allerdings vor elf Jahren, als „Recomposed“ von Matthias Arfmann erschien, der manchen Älteren von uns noch als Kopf der so legendären wie genialen Underground-Combo Kastrierte Philosophen (80er und frühe 90er Jahre) bekannt ist. Jener Arfmann also, laut Wikipedia geboren 1964 in Bremen, verschrieb sich nach der Auflösung der „Philosophen“ als Musiker und Produzent voll und ganz der Dub-Musik (elektronische Variante des Reggae) und lieferte auf „Recomposed“ (2005) sein Meisterstück ab, indem er Werke klassischer Komponisten völlig neu bearbeitete und mit elektronischen Beats unterlegte. Von Franz Schuberts „Unvollendeter“ bis zu Richard Wagners „Fliegendem Holländer“ , von Peter Tschaikowskis „Schwanensee“ bis zu Modest Mussorgskys „Bildern einer Ausstellung“ gelangen Arfmann auf „Recomposed“ ebenso gewagte wie gelungene Adaptionen. Den Vogel ab schoss er aber mit Bedrich Smetanas „Moldau“, das bei ihm eine ultra-chillige und unglaublich groovende Wiederauferstehung feierte.
Nun legt der umtriebige Hamburger nach siebenjähriger Vorarbeit also eine Fortsetzung vor, die sich ausschließlich Werken der Ballett-Musik widmet. Und auch diesmal kann sich das Ergebnis hören und sehen lassen. Zwar ist nicht jede Bearbeitung auf „Ballet Jeunesse“ gleichermaßen geglückt, doch ist es immer wieder verblüffend, welche ungeahnten Synthesen die alten Kompositionen, gespielt vom Deutschen Filmorchester Babelsberg, unter der Hand des Meisters und unterstützt von einer Hand voll musikalischer Begleiter, mit zeitgenössischen Klängen eingehen. Hervorzuheben ist neben Tschaikowskis „Nussknacker“, Chachaturians „Säbeltanz“ und Stravinskis „Feuervogel“ insbesondere „Romeo und Julia“ von Sergej Prokowjew, das sich mit spielender Leichtigkeit in seinen neuen musikalischen Rahmen einfügt und als Bonustrack sogar noch in einer – ebenfalls äußerst stimmigen – Rap-Version zu hören ist, die selbst einen entschiedenen Rap-Verächter wie den Rezensenten überzeugt. Am Ende gibt es dann zur Krönung noch Prokowjews „Peter und der Wolf“ – mit Jan Delay als Sprecher. (Arfmann war der Produzent seiner Alben mit den „Absoluten Beginnern“.) Das Urteil lautet: voll befriedigend (11 Punkte).

Matthias Arfmann presents
Ballet Jeunesse
Deutsche Grammophon GmbH / Universal 2016
ASIN: B01H74ZF3I

Veröffentlicht von on Dez. 12th, 2016 und gespeichert unter SCHEIBEN VOR GERICHT. Sie können die Kommentare zu diesem Beitrag via RSS verfolgen RSS 2.0. Gehen Sie bis zum Ende des Beitrges und hinterlassen Sie einen Kommentar. Pings sind zur Zeit nicht erlaubt.

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