Sonja Rademacher
Teil 5 (Schluss)
V. Tatsächliche und rechtliche Möglichkeiten der Befolgung des VA
Auf diesen Prüfungspunkt ist nur bei Bedarf näher einzugehen. Gemeint ist, dass nach dem Rechtsstaatsprinzip die Behörde vom Bürger nur verlangen darf, was er tatsächlich und rechtlich auch zu leisten in der Lage ist. Ein klassisches Beispiel: Die zuständige Behörde ordnet den Abriss einer baurechtswidrig errichteten Garage an, richtet diese Anordnung jedoch nicht an A, den Eigentümer der Garage, sondern an B, der die Garage nur von A zur Unterstellung seines PKW gemietet hat. B ist als Nichteigentümer rechtlich nicht befugt, der Abrissanordnung nachzukommen und in das Eigentum des A einzugreifen. Die Anordnung müsste folglich an A gerichtet werden, oder die Anordnung an B müsste zumindest mit einer gleichzeitigen Anordnung an A verbunden werden, den Eingriff in sein Eigentum zu dulden. Letztlich hängt diese Problematik mit der richtigen Adressatenauswahl eng zusammen, wird aber in Prüfungsschemata meist getrennt aufgeführt.
–> Rechtsfolge bei fehlender rechtlicher oder tatsächlicher Befolgungsmöglichkeit: Der VA ist materiell rechtswidrig.
FAZIT: Fehlt dem VA eine der für die materielle Rechtmäßigkeit erforderlichen Voraussetzungen, so ist er materiell rechtswidrig. Eine Heilungsmöglichkeit wie bei den Elementen der formellen Rechtmäßigkeit gibt es hier grundsätzlich nicht (von seltenen Ausnahmefällen hinsichtlich des Ermessens abgesehen, s.o.).