Oliver Niekiel
Zum 01. Januar 2010 tritt das sogenannte Mehrwertsteuerpaket 2010 in Kraft. Änderungen ergeben sich hierdurch insbesondere hinsichtlich der Ortsbestimmung bei sonstigen Leistungen, der Vorsteuervergütung und der sogenannten Zusammenfassenden Meldungen. Zur Neuregelung des Leistungsortes hat das Bundesministerium der Finanzen am 04. September 2009 ein 52seitiges (!) Erläuterungsschreiben herausgegeben (Geschäftszeichen: IV B 9 – S 7117/08/10001). Nachfolgend wird ein Überblick über die wichtigsten Neuerung gegeben.
Neuregelungen zur Bestimmung des umsatzsteuerrechtlichen Leistungsortes
Ab dem 01. Januar 2010 wird für die Bestimmungen des Leistungsortes in erster Linie zwischen sogenannten B2B-Leistungen (= Leistungen eines Unternehmers an einen anderen Unternehmer) und sogenannten B2C-Leistungen (= Leistungen eines Unternehmers an einen Nichtunternehmer) unterschieden.
Eine sonstige Leistung (= eine Leistung, die keine Lieferung im umsatzsteuerrechtlichen Sinne ist), die an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen ausgeführt wird, gilt grundsätzlich als an dem Ort ausgeführt, an dem der Empfänger der Leistung sein Unternehmen betreibt. Sofern die Leistung an die Betriebsstätte eines Unternehmers ausgeführt wird, ist für die Bestimmung des Leistungsortes die Lage der Betriebsstätte maßgeblich. Eine sonstige Leistung, die an einen Nichtunternehmer erbracht wird, gilt grundsätzlich als an dem Ort ausgeführt wird, an dem der Leistende sein Unternehmen betreibt. Wenn die sonstige Leistung von einer Betriebstätte ausgeführt wird, ist deren Lage für die Bestimmung des Leistungsortes maßgeblich. Man kann also folgende Grundsätze festhalten:
– B2B: Sitz des Leistungsempfängers = Leistungsort;
– B2C: Sitz des Leistenden = Leistungsort.
In Abweichung zu diesen Grundsätzen existieren Ausnahmen. Einige dieser Ausnahmen gelten sowohl in den Fällen der B2B- wie auch in den Fällen der B2C-Leistungen. Wird etwa eine sonstige Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück erbracht, befindet sich der Leistungsort dort, wo das Grundstück liegt. Die kurzfristige Vermietung eines Beförderungsmittels gilt als an dem Ort ausgeführt, an dem das Beförderungsmittel dem Leistungsempfänger tatsächlich zur Verfügung gestellt wird. Kulturelle, künstlerische, wissenschaftliche, unterrichtende, sportliche, unterhaltende und ähnliche Leistungen gelten als dort ausgeführt, wo die Leistung tatsächlich erbracht wird. Restaurationsleistungen gelten als dort erbracht, wo die Bewirtung erfolgt. Bei Personenbeförderungsleistungen gilt grundsätzlich die zurückgelegte Strecke als maßgeblich.
Neben diesen Ausnahmen existieren im Bereich der B2C-Umsätze weitere Fälle, in denen sich der der Leistungsort abweichend zu den vorbezeichneten Grundsätzen bestimmt. Bei Arbeiten an beweglichen körperlichen Gegenständen gegenüber Nichtunternehmern sowie bei deren Begutachtung gilt die Leistung als dort ausgeführt, wo sie tatsächlich erbracht wird. Vermittlungsleistungen an Nichtunternehmer gelten als an dem Ort erbracht, an dem der vermittelte Umsatz ausgeführt wird. Katalogleistungen (z. B. Rechtsberatung, Steuerberatung, Ingenieurdienstleistungen), die gegenüber Nichtunternehmern mit (Wohn-)Sitz in einem Drittland erbracht werden, gelten als dort ausgeführt, wo der Empfänger sitzt. Für auf elektronischem Weg erbrachte sonstige Leistungen (Webhosting usw.) durch im Drittland ansässige Unternehmer an im Gemeinschaftsgebiet ansässige Nichtunternehmer gilt als Leistungsort der Mitgliedstaat, in dem der Leistungsempfänger seinen Wohnsitz hat. Bei Güterbeförderungen an Nichtunternehmer ist die Beförderungsstrecke maßgeblich. Selbständige sonstige Leistungen im Zusammenhang mit einer Güterbeförderung gegenüber Nichtunternehmern geltend als dort ausgeführt, wo die entsprechende Tätigkeit erbracht wird. Die Bedeutung dieser Regelung dürfte gering sein, da es sich zumeist um eine unselbständige Nebenleistung handeln wird, die das Schicksal der Hauptleistung teilt. Der Leistungsort einer innergemeinschaftlichen Güterbeförderung für einen Nichtunternehmer bestimmt sich nach dem Abgangsort.
Neuregelungen zur Steuerschuldnerschaft
Änderungen ergeben sich durch das Mehrwertsteuerpaket auch bei der Steuerschuldnerschaft. Nach derzeit geltendem Recht ist Schuldner der Umsatzsteuer insbesondere dann der Leistungsempfänger, wenn der Leistende seinen Sitz im Ausland hat. Zukünftig gilt ein Unternehmer auch dann als im Ausland ansässig, wenn er im Inland zwar über eine Betriebstätte verfügt, diese Betriebstätte aber den Umsatz nicht ausgeführt hat. Die ursprünglich vorgesehene zwingende Verlagerung der Steuerschuld bei sämtlichen grenzüberschreitenden Dienstleistungen wird jedoch zunächst nicht umgesetzt.
Neuerungen im Zusammenhang mit den zusammenfassenden Meldungen
Derzeit müssen in der Zusammenfassenden Meldung nur innergemeinschaftliche Lieferungen erklärt werden. Ab dem 01. Januar 2010 müssen zudem auch Dienstleistungen, die in dem anderen Staat steuerbar sind und bei denen der Leistungsempfänger die Steuer schuldet, angemeldet werden. Die entsprechenden Umsätze sind in demjenigen Meldezeitraum anzugeben, in dem der Unternehmer die Rechnung ausgestellt hat, spätestens aber in dem auf den Monat der Ausführung der Dienstleistung folgenden Monat.
Änderungen bei der Vorsteuervergütung
Änderungen wird es schließlich auch im Bereich der Vorsteuervergütung geben. Insbesondere ist zu beachten, dass der Antrag auf Vorsteuervergütung zukünftig elektronisch zu stellen ist. Er ist zu richten an den Staat, in dem der Antragssteller ansässig ist. Bei Unternehmern mit Sitz in Deutschland ist der Antrag also an das Bundeszentralamt für Steuern zu richten. Von dort aus wird der Antrag an den jeweiligen Erstattungsstaat weitergeleitet. Die Steuerbehörde des Erstattungsstaates soll dem Antragsteller nach der Vorstellung des Gesetzgebers unverzüglich eine Empfangsbestätigung auf elektronischem Weg übermitteln und die Prüfung des Antrags binnen vier Monaten beenden, d. h. dem Antragsteller eine Mitteilung über die Erstattung zukommen lassen. Die Auszahlung soll dann innerhalb von zehn Tagen erfolgen. Im Falle verspäteter Auszahlung der Vorsteuervergütungsbeträge kommt es – zumindest in der Theorie – zu einer Verzinsung zu Gunsten des Antragstellers.