Andersdenkende leben in China weiterhin gefährlich – vor allem im Internet
Benedikt Vallendar
Peking – China ist mittlerweile ein Staat der Superlative. Die Volksrepublik unter Präsident Xi Jinping ist eine führende Wirtschaftsnation und militärische Macht sowie inzwischen eine technologische Supermacht – von der digitalen Kommunikation bis hin zur Raumfahrt. Daraus erwachsen Chancen und Gefahren für die Weltgemeinschaft. Fast unbemerkt findet in China eine zweite Kulturrevolution statt. Präsident Xi Jinping ist der Steuermann dieser Kulturrevolution. Ziel ist es, wie zu Zeiten Maos, das chinesische Volk einzuschüchtern und unter die totale Kontrolle der Kommunistischen Partei zu stellen. Die erste Kulturrevolution Maos vernichtete die alten Eliten und sollte die chinesische Kultur der Kommunistischen Partei unterwerfen. Umerziehung und Gehirnwäsche, Zwangsarbeitslager und das systematische Töten sollten jeden Widerstand brechen. Zu diesem Ziel wurden selbst Familienmitglieder zur gegenseitigen Denunziation gepresst, Menschenwürde und der Respekt vor dem Leben blieben auf der Strecke.
Die Zwangsarbeitslager, politische Gefangene und Gehirnwäsche sind bis heute Alltag in der Volksrepublik. Die neue Kulturrevolution von Xi Jinping verfügt jetzt aber zusätzlich über die Möglichkeiten des digitalen Zeitalters. Diese Errungenschaften werden rigoros eingesetzt, um individuelles, freiheitliches Denken zu bekämpfen und die Menschen nach dem Willen der Pekinger Machthaber zu führen. Jegliche Informationen über Bürgerrechtler oder Menschenrechtsverletzungen in China werden systematisch erstickt. Dazu dient ein breites Spektrum digitaler Instrumente von der Gesichtskennung über Bewegungsprofile – im täglichen Leben ebenso wie im Internet – bis zur Überwachung von Kontakten, ihrer Häufigkeit und der Verwendung von Begriffen. Menschen, die versuchen an Informationen zu gelangen, die die Pekinger Führung unterdrückt, werden verfolgt und mit Gefängnis und Zwangsarbeitslager bestraft. Dabei geht es in erster Linie darum, das durch gezielte Falschinformationen erzeugte negative Bild über Religionsgemeinschaften, Menschenrechtsverteidiger oder Minderheiten zu konservieren. So sollen Tibeter, Uiguren und Mongolen unter ständigem Terrorismusverdacht stehen. Rom-treue Katholiken oder evangelische Hauskirchengemeinden, Anhänger der buddhistischen Falun-Gong-Bewegung sowie Menschenrechtsorganisationen werden als vom Ausland gelenkte Staatsfeinde stigmatisiert. Damit das Lügengebäude nicht zusammenbricht, werden Webseiten dieser Gemeinschaften und Organisationen für Nutzer des chinesischen Internets blockiert. Kein Staat der Welt verfügt über eine so große und perfekte Überwachungsmaschinerie wie die Volksrepublik China. Vor diesem Hintergrund werden Andersdenkende verfolgt und Menschenrechtsverteidiger in Gefängnisse geworfen, sie werden misshandelt, gefoltert und getötet. Präsident Xi Jinping hat eine Machtfülle erreicht, die vor ihm nicht einmal der große Führer Mao besaß.
Einen Wandel durch Handel hat es in China nie gegeben und es wird ihn nie geben. Dennoch gilt China für viele in der Wirtschaft als attraktiver Partner. Aber es ist Zeit, dass sich die demokratischen Staaten von dem Selbstbetrug verabschieden, sie könnten durch freundliche Kontakte und wirtschaftliche Kooperation Verbesserungen der Menschenrechtslage in China bewirken. Das wäre nur durch selbstbewusstes und vor allem konsequentes Auftreten und Verhandlungen zu erreichen. Die Führung in Peking muss zuerst lernen, dass es die Vertreter der demokratischen Staaten wirklich ernst meinen, wenn die für Menschenrechte und bürgerliche Rechte eintreten. Daran hat es bisher leider gefehlt!