Ersonnen von Jean-Claude Alexandre Ho, inspiriert von Marcel Proust und Max Frisch
Der 1749 in Frankfurt geborene Jurist gilt als einer der bedeutendsten deutschen Dichter. Über zehn Jahre leitete der zum Geheimen Legationsrat ernannte Staatsmann im Herzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach die Bergwerkskommission, die Wege- und Wasserbaukommission und die Kriegskommission, und war dort später noch Finanzminister. In Weimar lebte er – von einem zweijährigen Italienaufenthalt unterbrochen – bis zu seinem Tode 1832. Zuletzt erschien vom Dichterfürsten „Faust II“.
1. Worin besteht für Sie der „Kampf ums Recht“ (Jhering)? „Ein höflich Recht will gar nichts heißen.“
2. Warum haben Sie ausgerechnet Jura studiert? „Was ich studiere? Zuvörderst die Distinktionen (Unterscheidungen) und Subtilitäten (Spitzfindigkeiten), wodurch man Recht und Unrecht einander ziemlich ähnlich gemacht hat; das heißt, ich studiere auf einen Doktor beider Rechte.“
3. Warum sollte man heute noch Jura studieren? „Die Jurisprudenz fängt an, mir sehr zu gefallen. So ist’s doch mit allem wie mit dem Merseburger Biere, das erstemal schauert man, und hat man’s eine Woche getrunken, so kann man’s nicht mehr lassen.“
4. In welcher Vorlesung haben Sie sich am meisten gelangweilt? „Das liebe heil’ge römische Reich, was hält’s nur noch zusammen?“
5. Welche alternative Verwendung fällt Ihnen für den Schönfelder ein? „Eine Collection von Gedichten?“
6. Welches Fach hätten oder haben Sie neben Jura studiert? „Habe nun, ach! Philosophie, // Juristerei und Medizin, // Und leider auch Theologie! // Durchaus studiert, mit heißem Bemühn. // Da steh ich nun, ich armer Tor! // Und bin so klug als wie zuvor.“
7. E.T.A. Hoffmann sagte über sich: „Wochentags bin ich Jurist, sonntags Zeichner und abends ein sehr witziger Autor bis spät in die Nacht.“ Wie halten Sie’s? „Goethe stand früh auf, etwa um sechs Uhr, trank erst mal ein Tässchen Kaffee und schrieb. Um zehn frühstückte Goethe. Danach schrieb er weiter. Mittags empfing er Gäste, in der Regel Bewunderer, und redete stundenlang auf interessante Weise mit ihnen über interessante Themen. Dafür wurde er bewundert. Anschließend arbeitete Goethe im Garten oder war mit Frau und Kind gesellig. Abends um neun ging er zu Bett und las dort bis etwa um Mitternacht.“ Harald Martenstein
8. Welche déformation professionelle haben Sie mittlerweile an sich festgestellt? „Der Jurist gewinnt dir deinen Prozeß und bringt deinen Gegner, der gleiches Recht hat, an den Bettelstab.“
9. Welche verjährte Straftat haben Sie zuletzt begangen? „Wenn man alle Gesetze studieren sollte, so hätte man gar keine Zeit, sie zu übertreten.“
10. Welche drei Bücher würden Sie ins Gefängnis mitnehmen? „Ovids ‚Verwandlungen’“, „Corneilles ‚Abhandlung über die drei Einheiten’“, „ein Stück wie ‚Cid’, das die herrlichste Wirkung hervorgebracht“
11. Wer sind Ihre liebsten Romangestalten? „Werther“, „Faust“, „ich“
12. Anatole France stellte fest, dass die erhabene Gleichheit des Gesetzes es dem Reichen genauso wie dem Armen verbiete, auf den Straßen zu betteln, Brot zu stehlen und unter den Brücken zu schlafen. Was kritisieren Sie am geltenden Recht? „Welch schreckliche Lage! Einen tüchtigen braven Mann zu haben, der den Leuten Recht sprechen soll und vor lauter Recht nicht zur Gerechtigkeit kommen kann.“
13. Wenn Sie ein Tag lang Gesetzgeber sein könnten, welche Gesetze würden Sie abschaffen oder erlassen? „Wer keinen Geist hat, glaubt nicht an Geister und somit auch nicht an geistiges Eigentum der Schriftsteller.“
14. Welche Rechtsreform bewundern Sie am meisten? „Welchen Weg musste nicht die Menschheit machen, bis sie dahin gelangte, auch gegen Schuldige gelind, gegen Verbrecher schonend, gegen Unmenschliche menschlich zu sein.“
15. Welcher historische Jurist hätten Sie sein mögen und warum? „[S]o suchte er mit freudiger Bescheidenheit den bewährtesten Männern des Vaterlands seine Achtung zu bezeigen, unter denen vor allen andern der herrliche Justus Möser zu nennen ist. Dieses unvergleichlichen Mannes kleine Aufsätze, staatsbürgerlichen Inhalts, waren schon seit einigen Jahren in den „Osnabrücker Intelligenzblättern “ abgedruckt […].“
16. Wer hätte einen Nobelpreis für Jura verdient? „Leider ruht auf dem, was Advokatenhände berühren, so leicht ein Fluch.“
17. Weshalb sollte man Juristen lieben? „Der Pöbel hätte mich fast gesteinigt wie er hörte, ich sei ein Jurist.“
18. Wie würden Sie reagieren, wenn über Nacht die Profession der Juristen obsolet werden sollte? „Unter all meinen Talenten ist meine Jurisprudenz der geringsten eins. Das bisschen Theorie, und Menschenverstand, richten’s nicht aus.“
19. Wann haben Sie zuletzt ein Stoßgebet an St. Ivo gerichtet, den Schutzpatron der Juristen? „Ein Richter, der nicht strafen kann, // Gesellt sich endlich zum Verbrecher.“
20. Welche juristische Weisheit möchten Sie uns noch auf den Weg geben? „Im Auslegen seid frisch und munter! Legt ihr’s nicht aus, so legt was unter.“