Ein Fachseminar Steuerrecht in Köln und Neuss
Oliver Niekiel
Aus Interesse an dem Rechtsgebiet und weil es mir für die tägliche Praxis hilfreich schien, entschloss ich mich zum Besuch eines Fachanwaltslehrgangs im Steuerrecht. Ein erster Blick ins Internet vermittelte mir den Anschein, als sei die Auswahl der Lehrgangsanbieter riesig. Da jedoch einige bereits am Telefon andeuteten, dass der Lehrgang wegen der geringen Zahl der Voranmeldungen vermutlich nicht stattfinden werde, andere nur in Teilen Deutschlands Kurse veranstalteten und sich mancher auf einschlägigen Internetseiten als Fachanwaltslehrgang bezeichneter Kurs als zweisemestriges LL.M.-Studium herausstellte, verkleinerte sich der Kreis der potenziellen Anbieter ziemlich schnell.
So entschied ich mich letztlich für den von Fachseminare von Fürstenberg angebotenen Lehrgang in Köln und Neuss. Der eigentliche Lehrgang bestand aus insgesamt neun Unterrichtseinheiten, die in der Regel auf zwei (Freitag/Samstag) oder drei (Donnerstag/Freitag/Samstag) Tage ausgelegt waren. Die Gesamtdauer des Lehrgangs betrug 162 Stunden, wobei die einzelnen Einheiten jeweils von 9:00 bis 17:30 Uhr (im Gebiet AO/FGO auch mal länger) dauerten. Behandelt wurden die Gebiete Betriebliches Rechnungswesen, Buchführung und Bilanz, Steuerstrafrecht, Ertragsteuerliche Gewinnermittlung, Bewertung, Erbschaft- und Schenkungsteuer, Abgaben- und Finanzgerichtsordnung, Einkommen-, Körperschaft-, Gewerbe- und Umsatzsteuer sowie das Internationale Steuerrecht (insbesondere AStG und DBA). Als Dozenten fungierten ein Professor für Betriebswirtschaftslehre, ein Rechtsanwalt, ein Finanzrichter, ein Steuerberater sowie zwei Dozenten einer Finanzhochschule.
Wie schon in der Schule bei den Lehrern und an der Uni bei den Professoren, gab es auch bei den Dozenten Unterschiede. Ob man nun den „Entertainer“ bevorzugt, den „Märchenonkel“ oder den „Langeweiler“, für jeden Geschmack war etwas dabei. Der Teilnehmerkreis war bunt gemischt. Von der Referendarin über den in einer Großkanzlei tätigen Juristen bis hin zum dem Rentenalter nahen Einzelanwalt war alles vertreten. Einige Teilnehmer hatten dabei nicht das Ziel, die Klausuren am Ende des Lehrgangs zu schreiben, sondern wollten sich nur einen Überblick über das Steuerrecht verschaffen.
Die Lehrgangseinheiten fanden teilweise im Park Inn-Hotel in Köln und teilweise im Novotel am Rosengarten in Neuss statt. Die Verpflegung bestand in der Regel aus Kaffee und Mineralwasser in den Pausen. Wer schon einmal eine Fortbildungsveranstaltung des DAI mit warmem Mittagessen und Getränken nach Wahl besucht hat, der wird vermutlich enttäuscht sein von dem, was der Fachanwaltslehrgang kulinarisch zu bieten hat. Andererseits waren in beiden Tagungsorten in Hotelnähe gute und günstige Mittagessen zu bekommen. Begleitend zum Unterricht wurden Materialien im Umfang von etwa 1.500 Seiten sowie ein Buch zur Buchführung und Bilanzierung ausgegeben. Die zahlreichen Powerpoint-Folien (etwa 1.200) konnte man per E-Mail anfordern und sich dann selbst ausdrucken. Einige Dozenten haben ganz auf die technische Unterstützung ihres Vortrags verzichtet.
In den Lehrgangseinheiten waren geschätzte 30 Teilnehmer anwesend, es können aber auch einige mehr oder weniger gewesen sein. Durch Kurswechsler aus anderen Orten sowie die Zusammenlegung einer Einheit mit den Insolvenzrechtlern war die Teilnehmerzahl stets wechselnd. An der Wiederholungs- und Vertiefungsveranstaltung haben schätzungsweise über 100 Personen teilgenommen. Später habe ich erfahren, dass „nur“ 98 davon sämtliche Klausuren mitgeschrieben haben.
Der Lehrgang endete im Juli mit einer zweitägigen Wiederholungs- und Vertiefungseinheit in Baden-Baden (zentral für alle Kursorte) sowie schließlich den ebenfalls dort geschriebenen vier Klausuren. Wegen der verhältnismäßig langen Anreise wurde Baden-Baden als zentraler Wiederholungs- und Prüfungsort zwar im Vorfeld von zahlreichen Lehrgangsteilnehmern (einschließlich mir) kritisiert. Im Nachhinein denke ich aber – vielleicht auch wegen des schönen Wetters und des guten Eiscafés in der Fußgängerzone – nicht ungern an die Tage dort zurück. An den beiden Klausurtagen wurde jeweils vormittags und nachmittags eine 3,75stündige Klausur geschrieben, insgesamt also vier. Die Klausuren waren zwar anspruchsvoll, aber mit dem Erlernten meines Erachtens gut zu lösen (das haben nicht alle so gesehen). Lediglich die Zeit war teilweise sehr knapp bemessen. So musste in der Buchführungsklausur – hierfür waren anteilig 80 Minuten vorgesehen – über 40 Geschäftsvorfälle gebucht, aus einem Inventarverzeichnis eine Bilanz erstellt und zahlreiche kleine Fälle mit handelsrechtlichen Bewertungsfragen gelöst werden. Die Durchfallquote ist mir nicht bekannt. Während der einzelnen Kurseinheiten wurde – wenn ich mich richtig erinnere – von Vorjahresquoten im Bereich von 15% gesprochen (also deutlich geringer als in den beiden Staatsexamina). Ebenfalls nicht bekannt ist der Notenschnitt. Mit einem solchen von 1,75 gehörte ich zu den besten 5% des Durchgangs, von einem anderen Teilnehmer habe ich erfahren, dass er im ausreichenden Bereich bestanden hat.
Die Kosten des reinen Lehrgangs lagen bei etwa 2.500,00 EUR, wobei es für Frühbucher und Referendare Ermäßigungen gab. Außer den aktuellen Steuergesetzen, -richtlinien und -erlassen sowie einem Text des HGB, einem Text des StGB und einem T-Kontenblock (insgesamt knapp über 100,00 EUR) musste nichts beschafft werden. Hinzu kamen jedoch (jedenfalls bei mir) noch Fahrt- und/oder Übernachtungs- sowie Verpflegungskosten.
Insgesamt kann die Teilnahme an dem Lehrgang zur Erlangung der von der FAO geforderten theoretischen Kenntnisse auf dem Gebiet des Steuerrechts empfohlen werden, sofern sich überhaupt Alternativen bieten.
Ich halte nichts von Fürstenberg. Die sitzen auf einem extrem hohen Roß und behandeln ihre Teilnehmer wie Bittsteller. Der Lernerfolg ist mäßig