Das Europarecht-Handbuch von Schulze, Zuleeg und Kadelbach in 2. Auflage
Matthias Wiemers
Nach längerer Ankündigung ist kürzlich die zweite Auflage des Europarechtshandbuchs von Schulze, Zuleeg und Kadelbach erschienen, dessen Vorauflage (2006) bereits Klassikerpotential bescheinigt worden war. Es handelt sich um ein Handbuch aus der Feder von insgesamt 50 Autoren aus Wissenschaft und Praxis, das davon ausgeht, dass die Europäische Union eine eigene Rechtsordnung errichtet hat. Diese Rechtsordnung wird ohne Bezüge zum nationalen Recht dargestellt, so dass es möglich wird, speziell europarechtliche Bewertungen von Sachverhalten vorzunehmen. Da dies in der Praxis nicht immer ausreicht, um einen Sachverhalt abschließend juristisch zu bewerten, erweist sich das Handbuch nicht nur als Werk für den Praktiker, sondern auch für denjenigen, der sich theoretisch mit der Entwicklung des Europarechts und mit Europapolitik zu befassen haben. Konsequent enthält das Werk daher auch einen Allgemeinen Teil, der aus insgesamt 15 Kapiteln besteht und von den europäischen Institutionen über die Grundfreiheiten, die Rechtsangleichung im Binnenmarkt bis hin zu „Auslegung, Rechtsfortbildung und Rechtschöpfung“ alles enthält, was den an der Entwicklung des Europarechts Interessierten befähigt, sich einen guten Überblick über die Koordinaten der Entwicklung der europäischen Integration zu verschaffen. Besonders hingewiesen sei etwa auf § 2 „Gesetzgebung“, in dem in überschaubarer, aber auch erschöpfender Weise dargelegt wird, wie europäisches Recht entsteht.
Vielleicht mehr noch als im nationalen Recht ist das Europarecht darauf angelegt, die Rechtsordnung in Teilrechtsgebiete zu zerlegen – nahegelegt durch die unterschiedlichen „Politiken“ der EU. Der Besondere Teil des Handbuchs enthält denn auch insgesamt 27 Teilrechtsgebiete, die sich zum Teil mit mehr oder weniger wichtigen europäischen Politikfeldern decken (§§ 16-42). Behandelt werden: Kartellrecht, Lauterkeitsrecht, Gesellschafts- und Unternehmensrecht, KMU, Handelsrecht, Finanzdienstleistungsrecht, Recht des geistigen Eigentums, IPR, Zivilverfahrensrecht, Verbraucherrecht, Lebensmitte- und Arzneimittelrecht, Agrarrecht, Umweltrecht, Freie Berufe, Beihilferecht, Öffentliches Auftragsrecht, Steuerrecht, Geld- und Währungsrecht, Außenwirtschaftsrecht, Zollrecht, Transport- und Verkehrsrecht, Energierecht, Kommunikationsrecht, Europäischer Datenschutz, Kultur, Forschung, Technologie, Arbeitsrecht, Sozialrecht, Einwanderungs- und Asylrecht und Strafrecht.
Am Ende darf selbstverständlich nicht vergessen werden, dass dem Europarecht Anwendungsvorrang gegenüber der nationalen Rechtsordnung zukommt, soweit das europäische recht anwendbar ist. Schon deshalb kann es sinnvoll sein, sich in einer Rechtsangelegenheit zunächst einmal die Frage vorzulegen, wie „der Fall“ durch das europäische Recht zu lösen ist. Spätestens hier wird deutlich, wie sinnvoll die von den Autoren gewählte Darstellung auch für die Rechtspraxis ist. Das Buch ist auf dem neuesten Stand der Rechtsentwicklung und bringt viel Stoff zu einem überschaubaren Preis. Es sollte in keiner gutgeführten juristischen Bibliothek fehlen.
Schulze/Zuleeg/Kadelbach (Hrsg.)
Europarecht. Handbuch für die deutsche Rechtspraxis.
Nomos Verlag Baden Baden, 2. Auflage 2010
ISBN 978-3-8329-5329-4
2438 S., 148 Euro