Aus dem Tagebuch einer Rechtbald-Referendarin
Liebes Tagebuch!
Nun bin ich also keine Studentin mehr. Und je länger ich darüber nachdenke, desto unverantwortlicher erscheint es mir, die juristische Fakultät so völlig ohne meinen Einfluss zu lassen.
Also habe ich dafür gesorgt, dass ich – wie eine Katzenkönigin – mittelbar das Geschehen an meinem alten Fachbereich lenken kann. Damit du nun nicht lange rumrätselst: Meine Schwester und mein Bruder haben gerade ihre juristische Erstsemesterwoche hinter sich gebracht. Der für eine mittelbare Täterschaft erforderliche Defekt besteht bei den beiden darin, dass sie (jedenfalls noch) beide mit einem gesunden Menschenverstand gesegnet sind. Dieser lässt bekanntlich im Laufe des juristischen Studiums erheblich nach. Natürlich gibt es Ausnahmen und eine davon schreibt gerade Tagebuch…
Ansonsten hänge ich so ein bisschen in der Luft herum, was bei dem stürmischen Wetter ganz schön unangenehm ist. Das Referendariat beginnt ja frühestens und wenn überhaupt mit ganz viel Glück und Daumendrücken im Februar und bis dahin muss ich mich gegenüber Nichtjuristen für diese unfreiwillige Inderlufthängphase rechtfertigen. Was gibt es denn da bitte für einen anerkannten Rechtfertigungsgrund? Burnout nach Lernkoma?! Nein, so schlimm ist es um mich nicht bestellt. Mir geht es gut und meinem Rücken geht es auch immer besser. Ich schleppe ja nun tagtäglich keine schweren Wälzer mehr mit mir herum. Statt dem Palandt lese ich nämlich jetzt die Zeitung, und die ist luftig leicht! So wie mein Leben nach dem Staatsexamen. Bei Jurastudenten ist das wirklich seltsam – da kommt das sogenannte Studentenleben erst nach dem Studium… jedenfalls ist das bei mir so.
Das einzige an diesem luftig leichten Leben, was mich stört, ist die Frage: Was willst du denn nun werden? Und: Wann bist du denn dann endlich fertig? Ich persönlich dachte, das wäre ich bereits!!! Und ICH stelle mir diese Frage auch nicht. Das machen die berühmten nichtjuristischen Eltern. Und diese beiden Fragen hören sich in meinen Ohren genau so krumm und schief an, wie die Frage: Wie viel Punkte gibt es nochmal bei euch?!
Ganz andere Fragen hingegen stellt mir meine Erstsemesterschwester: „Ist das Jura-Täschchen für Jurastudentinnen Pflicht?“ und „Gibt es auch normale Leute am Fachbereich?“ Was bitte ist ein Jura-Täschchen?! Die typische Tasche, die Jurastudentinnen tragen. Leicht zu finden im Internet oder an der Uni. Dunkelblaues Plastikzeug mit hellbraunen Lederimitathenkeln. So eine Heißeluftundnixdahinter-Tasche. Nee, kenn ich natürlich nicht. Und ob es normale Leute bei Jura gibt – nee, jetzt nicht mehr. Ich bin doch fertig mit dem Studium ;)
Deine Nina