Aktueller StGB-Kompass für das strafrechtliche Mandat

Der AnwaltKommentar StGB in erster Auflage

Jens Jenau

lit-jenau-handbuch-stgbZwar sind auf dem Markt bereits viele Kommentare zum Strafrecht zu finden, aber dennoch hat der Deutsche AnwaltVerlag Ende 2010 den AnwaltKommentar StGB herausgebracht. Damit wird quasi die strafrechtliche Kommentarreihe des Deutschen AnwaltVerlags zur StPO und zur Untersuchungshaft weiter vervollständigt. Durchaus ein Wagnis seitens des Verlags, da die Anzahl der bereits etablierten Konkurrenzprodukte groß ist.

Ausweislich des Vorworts beabsichtigen die Herausgeber und Autoren nicht nur den bereits etablierten Strafrechtskommentaren einen weiteren hinzuzufügen. Nein, es soll ein Werk sein, das gleichzeitig dem Praktiker in der täglichen Fallbearbeitung und dem Wissenschaftler als Nachschlagewerk für das materielle Strafrecht dienen soll. Dies scheint ein schwieriges Unterfangen zu sein, zumal die Werke des Deutschen AnwaltVerlags regelmäßig ausschließlich zur täglichen Arbeitsunterstützung der Anwaltschaft konzipiert sind.

Um das anspruchsvolle Ziel zu erreichen, sind die einzelnen Passagen von Spezialisten bearbeitet, die sich auf dem Gebiet ihrer Kommentierung beruflich besonders engagieren. Dazu haben die Herausgeber um sich ein 49-köpfiges hoch spezialisiertes Autorenteam aus Anwaltschaft, Justiz, Ministerialdienst und Wissenschaft versammelt. Im Zeitdruck des beruflichen Alltags wird dem Leser umfassend, mit klarer Sprache und durch einen nachvollziehbaren Gliederungsaufbau ein schneller Zugang zu den entscheidenden Informationen geboten.

Ein großes Plus des Kommentars ist die in der Reihe „AnwaltKommentar“ typische Übersichtlichkeit in Aufbau und Aufmachung. Die Gliederung der Kommentierungen ist einheitlich. Dem abgedruckten Wortlaut der Norm folgt ein weiterführendes Literaturverzeichnis, bevor sich die Kommentierungen anschließen. Diese sind regelmäßig in allgemeine Ausführungen, Regelungsgehalt und weitere praktische Hinweise gegliedert. Nutzerfreundlich ist auch der Fußnotenapparat, in dem die Fundstellen der zitierten Rechtsprechung und Literatur verortet sind. In den Fließtexten sind vereinzelte Schlagwörter optisch hervorgehoben und unterstützen ebenso wie das umfassende Stichwortverzeichnis die gezielte Suche. Zweifelsfrei steigert dies alles die Lesbarkeit der Kommentierungen und ist dem schnellen Zugriff dienlich.

Auf etwa 2.300 Seiten ist das gesamte StGB kommentiert. Aus Verständnisgründen ist dabei das Strafprozessrecht nicht außer Acht gelassen. Schnell bemerkt der Leser, dass sich die Autoren einer klaren Sprache und nicht zu langer Sätze bedienen. Nach deren Auffassung ist dies zwingend notwendig, um so die Nutzung des Werkes besonders auch für Anwälte interessant zu machen, die sich nicht immer mit strafrechtlichen Mandaten auseinanderzusetzen haben und um schnelle zuverlässige Antworten zu bieten.

Inhaltlich ist der AnwaltKommentar StGB höchst aktuell. Dies gilt sowohl für die eingearbeitete neueste Rechtsprechung als auch für das Herausarbeiten neuerer Entwicklungen.
Mit dem Blick auf die aktuelle Diskussion – auch in den Medien – sind die Ausführungen zur Sicherungsverwahrung lesenswert. Des Weiteren sei besonders auf die eingängigen Erläuterungen zu den Körperverletzungsdelikten (§§ 223 ff. StGB) hingewiesen. In diesem Zusammenhang wird besonders auf die Thematik um die verschiedenen Waffen- und Werkzeugbestimmungen bei den Körperverletzungs-, Diebstahls- und Raubdelikten hingewiesen. Ein weiteres Augenmerk sei noch auf die straßenverkehrsrechtlichen Normen – auch, da der Autor der Rezension häufiger in diesem Bereich verteidigt – gelegt. Neben der Kommentierung der Tatbestände sind die Ausführungen zum Vorsatz des § 142 StGB, zu den nachträglichen Feststellungen iSd. § 142 Abs. 2 StGB, die Ausführungen zu § 315 c StGB sowie zur Problematik der BAK und deren Ermittlung innerhalb des § 316 StGB hervorzuheben.

Die Autoren bieten einen hoch aktuellen Praxiskommentar, der gute Chancen hat, sich gegenüber den etablierten Werken durchzusetzen. Überaus gelungen ist die Nutzer- und Lesefreundlichkeit des Werks. Es bietet einen schnellen und gezielten Zugriff auf die strafrechtlichen Problematiken mit präzisen Ausführungen, um die Mandate erfolgreich abzuschließen. Für die Folgeauflage wäre es wünschenswert, noch mehr prozesstaktische Anmerkungen einzuarbeiten. Dennoch liefern die Autoren einen Kommentar, der auf die Bedürfnisse der Praxis fokussiert ist und besonders auch den Verteidigern Einblick in strafrechtliche Problematiken gibt, die nicht ständig als Strafverteidiger auftreten. Sie zeigen entscheidende Argumentationsstränge für offene Fragen der Strafverteidigung auf, ohne sich dabei auf die Darstellung der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu beschränken. Insofern finden nicht nur Anwälte sondern auch Richter und Staatsanwälte reichhaltige strategische Hilfen und Antworten, um Lösungsmöglichkeiten zu entwickeln.

AnwaltKommentar StGB
Leipold/Tsambikakis/Zöller (Hrsg.),
1. Aufl. 2010, 2.288 S., 129,00 €
Deutscher AnwaltVerlag,
ISBN: 978-3-8240-1073-8

Veröffentlicht von on Sep 5th, 2011 und gespeichert unter BESPRECHUNGEN, LITERATUR. Sie können die Kommentare zu diesem Beitrag via RSS verfolgen RSS 2.0. Sie können eine Antwort durch das Ausfüllen des Kommentarformulars hinterlassen oder von Ihrer Seite einen Trackback senden

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